Kurze Beschreibung der Methode
Primäre und sekundäre Quellen
Theoretische und praktische Begründung
Darstellung der Methode
Beispiele
Reflexion der Methode
Praxiserfahrungen

5. Beispiele

Es kann für das Psychodrama keine einheitliche und allgemeine Beschreibung nur eines Beispiels geben, da jedes Beispiel für sich steht. Auch die hier angeführten Beispiele können deshalb nicht als typische Anwendungen des Psychodramas angesehen werden. Vielmehr werden spezielle Szenen aus dem pädagogischen Bereich dargestellt, die nur zwei Aspekte der vielfältigen, auf sehr spezielle Thematiken zugeschnittene Verwendungsmöglichkeiten dieser Methode herausgreifen.

Fallbeispiel 1 (aus Bosselmann, Lüffe-Leonhardt, Gellert, 1993)

Das folgende Fallbeispiel stammt aus der Erwachsenenbildung. Es geht um den Beginn einer Fortbildung, die die Anwendung des Psychodramas im Betrieb vermitteln soll. Die eine Hälfte der Teilnehmer kommt aus der Wirtschaft, die andere aus dem sozialen Bereich.

In einer Vorstellungsrunde im Rollentausch sollen die Teilnehmer einige Informationen von sich bekannt geben, um sich gegenseitig ein wenig kennen zu lernen. Der Rollentausch kann mit einem wichtigen Gegenstand oder einer nahestehenden Person durchgeführt werden. Da in der Erwachsenenbildung der Kontakt zum Thema und das persönliche Angesprochensein besonders wichtig ist, wurde hier vom Leiter der Rollentausch mit dem Terminkalender der Teilnehmer initiiert. In dieser Aufgabe vermittelten die Teilnehmer Informationen über Aufgabenbereiche, zeitliche Auslastung und die Identifikation mit der sozialen bzw. offiziellen Rolle der Einzelnen.
Es folgte eine soziometrische Übung, deren Kriterien die Arbeitsbereiche, Branchen, Selbsteinschätzung der Hierarchiestufe, die Psychodrama-Kenntnisse und Psychodrama-Praxiserfahrung der Einzelnen waren. Der Leiter kann während dieser Übung einen Überblick über die Gruppenmitglieder und ihre Beziehungen untereinander erhalten und so Informationen sammeln, die für ihn auch für die inhaltliche Gestaltung des Seminars von Bedeutung sind.
Um die inhaltlichen Erwartungen von Teilnehmern und Leitung abzuklären, wurde eine Erwartungslandschaft aufgebaut. Dies geschah auf dem Boden und mit „kindlichen“ Materialien, wie z.B. Zuckerstangen, Lollis und bunten Bonbons, um die starren Normen und Grenzen der offiziellen Rollen aufzuweichen. Jedem Teilnehmer stand eine gewisse Anzahl an Materialien zur Verfügung, die, symbolhaft für seine Erwartungen, in das dann gemeinsam von der Gruppe gestaltete „Bild“ eingefügt wurden.
Der Leiter spürte, dass ein noch unausgesprochenes Thema in der Gruppe Raum beanspruchte, was die gemeinsame Arbeitsfähigkeit der Gruppe gefährdete. Es ging um die gegenseitige Wertschätzung der Subgruppen. Um sich mit Spielfreude und Spaß einem ernsten Thema zu nähern, regte der Leiter ein Gruppenspiel mit der Thematik „Bilder voneinander“ an. Die Subgruppen erhielten den Auftrag, in einer halben Stunde ein Rollenspiel vorzubereiten, in dem im Rollentausch die Phantasien und Vorurteile gegenüber der anderen Gruppe dargestellt wurden.
Die Auswertung stellte hier ein wichtiges Mittel zur Reflexion dar, das den Teilnehmern auch auf kognitiver Ebene ermöglichte, sich mit dem vorher Gespielten auseinander zu setzen, das eigene Bild anhand der Realität zu überprüfen und gegebenenfalls zu korrigieren.
Das dann in der Gruppe herrschende Klima bereitete die Grundlage für konstruktive Lernerfahrungen (z.B. fanden auch Teilnehmer mit geringer Psychodrama-Vorerfahrung den Mut, sich in der Gruppe auszuprobieren und ein Feedback zu holen).


Fallbeispiel 2 (aus Bosselmann, Lüffe-Leonhardt, Gellert, 1993)

Hier geht es um einen ganzheitlichen Zugang zu einer Fremdsprache über die Psychodramaturgie.
In einer Entspannungssequenz, mit der jede Sitzung begonnen wird, bekommen die Teilnehmer einen ersten Zugang zu Rhythmus und Melodie der Fremdsprache, da die Entspannung vom Trainer in der Fremdsprache angeleitet wird. In den ersten Sitzungen geschieht das noch im Sandwich Prinzip: Anweisung zuerst in der Fremdsprache, dann die Übersetzung in die Muttersprache, den Abschluss bildet wieder die Fremdsprache. Nach einigen Tagen ist es möglich, die Anleitung komplett in der Fremdsprache vorzunehmen. Die Teilnehmer äußern sich in der Regel überrascht darüber, dass sie die Anweisungen nach so kurzer Zeit und ohne das sonst übliche „Pauken“ einfach und wie von selbst verstehen.
Schon nach dieser Entspannungssequenz wird ein Feedback durchgeführt, das Sprechangst in der Gruppe überwinden helfen soll. Außerdem wird hier unterstrichen, dass die Trainer individuell auf die unterschiedlichen Lernrhythmen der Einzelnen eingehen, und bereit sind, diese zu berücksichtigen.
Als Warming-up bietet sich ein Gruppenspiel an, in dem die Sprechmuskulatur und der Körper für die Fremdsprache aufgewärmt wird. Die Teilnehmer sollen Gesten, Wörter oder Sätze übernehmen, während der Trainer einen zwei- oder dreiminütigen bilderreichen Dialog (mit möglichst vielen Interjektionen, Alliterationen und Synonymen) mit einem imaginären Partner (Gegenstand, Tier, Pflanze usw.) führt.
Im Hauptteil wird jeder Teilnehmer einzeln vom Trainer gedoppelt. Der Trainer versucht sich in den Teilnehmer (der eine Maske über das ganze Gesicht trägt, um sich besser auf sich selbst und die Stimme des Trainers konzentrieren zu können) hineinzuversetzen, indem er Körperhaltung und Atemrhythmus übernimmt. Er versucht in einer etwa zweiminütigen Sequenz das zu sagen, was der Teilnehmer jetzt möglicherweise sagen könnte.
„Die ideale Sequenz wäre die, die genau das ausdrückt, was der Protagonist mitteilen möchte“. (Dufeu in Bosselmann u.a. 1993, 124)
Zur Festigung wird diese Sequenz noch einmal wiederholt. Danach tauscht der Teilnehmer die Maske gegen eine Halbmaske, die den Mundraum frei lässt, und übernimmt nach nochmaliger Wiederholung des Gesagten durch den Trainer das aus der Sequenz, was er übernehmen möchte.
Der Trainer achtet nun darauf, was der Teilnehmer wiederholt und was er weglässt, und unterstützt die individuelle Entwicklung der eigenen Sequenz des Teilnehmers. Das ganze wird abermals wiederholt, nachdem die Maske gegen eine Halbmaske getauscht wird, die ermöglicht, dass der Teilnehmer auch sehen kann. Oft lässt sich hier feststellen, dass die Stimme des Teilnehmers sicherer und fester wirkt.
Um die Gruppe am Geschehen teilhaben zu lassen, kann sie (wenn alle Teilnehmer die Dopplung durchlaufen haben) auch als Echo eingesetzt werden.
„Wir leiten damit einen Verstehensvorgang ein, ... und zwar, dass wir über die Konnotation zur Denotation und dadurch über die Bedeutung einer Aussage zu ihrem Sinn kommen“. (ebd., 126)