Kurze Beschreibung der Methode
Primäre und sekundäre Quellen
Theoretische und praktische Begründung
Darstellung der Methode
Beispiele
Reflexion der Methode
Praxiserfahrungen

4. Darstellung der Methode

>> 4.1 Das inhaltliche Reframing
>> 4.2 Six-Step-Reframing
>> 4.3 Verhandlungsmodell
>> 4.4 Aufbau einer Teilfunktion

In der Anwendung der Methode des Reframings wird ein Problem, ein Ereignis, eine Verhaltensweise usw. aus dem Bezugsrahmen genommen und in einen neuen gesetzt. Dies bedeutet, dass die eigene Wahrnehmung dazu die gewohnte Perspektive verlassen muss, um einen anderen Blickwinkel einzunehmen. Dadurch entsteht eine neue Sichtweise auf das Geschehen und eine neue Wirklichkeitsauffassung. Dies evoziert die Möglichkeit einer Verhaltensänderung.
Grundsätzlich ist es besonders wichtig ist, den Betroffenen an der Konstruktion einer neuen Betrachtungsweise aktiv mitwirken zu lassen. Wird diese Sicht angewandt, so ist eine konstruktivistische Einstellung der Beraterin/des Beraters wesentlich. Aber auch ein systemisches Denken ist erforderlich, um der Komplexität des Beziehungsgeschehen gerecht zu werden. Solche Einstellungen lassen sich nicht nur theoretisch erlernen, sondern sie setzen Selbsterfahrungen in Gruppen und Rekonstruktionen eigener Denk- und Handlungsmuster voraus. Auch für Lehrende ist es hier günstig, an systemisch-konstruktivistischen weiterbildungsangeboten teilgenommen zu haben.

Im Folgenden werden verschiedene Formen des Reframings vorgestellt:

4.1 Das inhaltliche Reframing

Es werden verschiedene Arten von Reframing unterschieden. Es gibt zunächst das inhaltliche Reframing, welches wiederum unterschieden wird in Bedeutungs- und Kontextreframing.

(1) Bedeutungsrefraiming
Das Bedeutungsreframing zeichnet sich dadurch aus, dass der Inhalt einer Situation sich nicht verändert, er bekommt lediglich eine neue Bedeutung, indem die Beraterin/der Therapeut dem Klienten eine neue Betrachtungsweise der betreffenden Situation aufzeigt. Bandler und Grinder schreiben, dass Menschen, die eine unerfreuliche Sinneswahrnehmung nicht mögen, eigentlich ihre eigene Reaktion auf diese nicht mögen. Aufgabe ist es demnach zu verdeutlichen, dass die Reaktion selbst nicht auf den Sinneswahrnehmungen beruht. Wenn es gelingt, die Bedeutung einer Situation für jemanden zu verändern, verändert sich auch die Reaktion auf diese.
In seinem Buch beschreibt H. Krusche das folgende Beispiel für eine Anwendung der Methode, die er Power-Reframing (eine Form des Bedeutungsreframings) nennt:
„Eine Frau klagte bitterlich darüber, dass ihr Mann sie verlassen hatte. Ihr Leben sei nicht mehr lebenswert, alles sei öde, und sie sei am Verzweifeln. »Warum hat er mich nur verlassen?« - »Damit es Dir endlich gut geht!«, entgegnete ich. Sie zuckte zusammen. »Denk einmal nach«, fuhr ich fort, als ich spürte, dass meine Worte durchaus eine starke Wirkung auf sie gehabt hatten. »War dein Leben eigentlich sehr glücklich, fröhlich, voller Lebensfreude?« Sie schüttelte den Kopf. »Konntest du die Dinge tun, die dir Spaß machten oder für dich von Bedeutung waren? Hast du von ihm Zärtlichkeit bekommen?« Ihre Augen füllten sich mit Tränen. »Hat er dich eingeengt, oder konntest du dich an seiner Seite entfalten?« In das Schweigen hinein sagte ich die wichtigsten Worte: »Du bist jetzt frei. Du kannst leben! So leben wie du schon immer wolltest. Alles tun, was für dich wichtig ist. Tolle Erfahrungen machen, endlich fröhlich sein, leben, richtig leben!«“ (Krusche, 1992, 187)

(2) Kontextreframing
Das Kontextreframing bezieht sich auf eine Veränderung des Kontextes, indem das betreffende Verhalten des Klienten in einen anderen Zusammenhang gestellt wird. Es gilt zu verdeutlichen, dass das in einem bestimmten Kontext als problematisch empfundene Verhalten in einem anderen Kontext stehend angemessen ist.
Die Beraterin/der Therapeut sollte kompetent sein, den Rahmen, den sich Personen um ein Geschehen gesetzt haben, auszuwechseln. So sollte beispielsweise der Meinung, etwas sei schlecht, mit Fragen begegnet werden wie: „Wann, wo, wie und für wen?“. Damit relativieren sich absolute Wertungen wie „gut“, „schlecht“; sie machen nur in einem klar umrissenen und bestimmten Zusammenhang Sinn.

4.2 Six-Step-Reframing

Nun stellen wir das so genannte Six-Step-Reframing vor. Das Verfahren wurde von Bandler und Grinder entwickelt (genaueres dazu siehe auch Bandler, Richard/Grinder, John: Neue Wege zur Kurzzeittherapie 1981)

Die sechs Schritte sehen wie folgt aus:

1.
Welches Verhaltensmuster soll verändert werden?
2.
Verbindung mit einem Teil aufnehmen, der für das Verhalten X zuständig ist. Frage des Klienten an sein Unbewusstes: Bist Du bereit, mit mir im Bewusstsein zu kommunizieren? Bitte sende mir ein Signal für „Ja“ und ein Signal für „Nein“.
3.
Trennung von Absicht und Verhalten.
Frage: Bist Du bereit, mir mitzuteilen, welche gute Absicht hinter dem Verhalten steht?
Antwort „Ja“: Bitte teile sie mir mit.
Antwort „Nein“: Würdigen und weitermachen.
4.
Alternativen finden.
Frage: Bist Du bereit, mit anderen – kreativen - Teilen zusammenzuarbeiten, damit ein neues Verhalten gefunden wird, das die gute Absicht voll wahrt, aber effektiver und angenehmer als das alte Verhalten ist?
Antwort „Nein“: Bestimmte Bedingungen?
Antwort „Ja“: Finde viele neue Möglichkeiten. Wähle davon drei aus, die besonders geeignet sind.
5.
Neues Verhalten sicher stellende Frage: Bist du bereit, das neue Verhalten für eine
bestimmte Zeit in Zukunft zu erproben?
Antwort „Nein“: Unter welchen Bedingungen?
Antwort „Ja“: Danke. Dann zukünftige Situation in der Fantasie durchspielen.
6.
Ökologie-Check.
Gibt es irgendeinen Teil, der Einwände gegen den neuen Weg hat?
Wenn „Nein“: Ende.
Wenn „Ja“: Neue Möglichkeiten finden, gegen die keine Einwände bestehen.
(Vgl. Krusche 1992, 198)

Das Modell beruht auf der Annahme, dass es unbewusste Teile in uns gibt, die zwar unangenehmes Verhalten auslösen, dass diese Auslösung jedoch ihre Berechtigung und ihren Sinn hat, also grundsätzlich angemessen ist. Das Verhalten verfolgt eine bestimmte, zunächst nicht bewusste Funktion, die jedoch auch von einem anderen, nicht als störend empfundenen Verhalten erfüllt werden könnte. Anhand dieses Modells wird versucht, die Funktion des Verhaltens vom gezeigten Verhalten zu trennen.

4.3 Verhandlungsmodell

Das Verhandlungsmodell geht von der Problematik aus, dass ein Teil der Persönlichkeit den anderen bei seiner Tätigkeit behindert bzw. beide Teile ihre Funktion erfüllen und dabei in einen Konflikt miteinander geraten. Dabei handelt es sich um ganz alltägliche Dinge, beispielsweise steht die Erledigung einer Terminarbeit an, und sobald man sich dazu an den Schreibtisch gesetzt hat, beschäftigen einen die Fragen, was wohl im Fernsehen läuft, wen man mal wieder anrufen könnte usw. Hier geht es oft um einen Konflikt zwischen z.B. einem Teil mit der Funktion Arbeit und einem Teil mit der Funktion Freizeit. Beide Teile könnten ihre Aufgabe effizient erfüllen, wenn sie sich nicht gegenseitig beeinträchtigen würden.

Die Zusammenfassung des Verhandlungsmodells:

1. Fragen Sie den Teil, der unterbrochen wurde (Teil X), folgendes:
  a) Welches ist deine positive Funktion?
  b) Wirst du jemals von Y unterbrochen, wenn du deine Funktion ausübst?
2. Stellen Sie Teil Y die gleichen Fragen: Welches ist deine positive Funktion
  a) Welches ist Deine positive Funktion?
  b) Wirst du jemals von X unterbrochen, wenn du deine Funktion ausübst?
3.
Wenn sich die beiden Teile manchmal gegenseitig unterbrechen, können Sie eine Vereinbarung aushandeln. (Falls nicht, ist dieses Modell nicht geeignet; gehen Sie also zu einem anderen Reframingmodell über. Falls Y Teil X unterbricht, X aber nicht Teil Y, ist ein Sechs-Schritt-Reframing mit Y vielleicht geeignet.)
  a)
Fragen Sie Y, ob seine Funktion wichtig genug ist, dass er bereit wäre, X nicht zu unterbrechen, wenn er als Gegenleistung ebenfalls nicht unterbrochen wird.
  b)
Fragen Sie X, ob er bereit ist, Y nicht zu unterbrechen, wenn X ihn seinerseits nicht unterbricht.
4. Fragen Sie jeden Teil, ob er tatsächlich einwilligt, das Obengenannte für einen spezifizierten Zeitraum zu tun. Falls einer der Teile aus irgendeinem Grunde unzufrieden wird, soll er der betreffenden Person signalisieren, dass es ein Bedürfnis für eine zusätzliche Verhandlung gibt.
5. Ökologischer Check: „Sind noch weitere Teile in die Sache verwickelt?“ „Gibt es andere Teile, die diesen Teil unterbrechen oder die diese Unterbrechungen benutzen?“ Falls das der Fall ist, verhandeln Sie neu.
(Vgl. Bandler/Grinder 2000, 73)

4.4 Aufbau einer Teilfunktion

Bei diesem Reframingmodell geht es im Unterschied zu den anderen Modellen nicht darum, vorhandene alternative Verhaltensweisen zu aktivieren oder bestehende Teile umzuorganisieren. Die Aufgabe, die anhand dieses Modells erfüllt werden soll, besteht darin, einen Teil zu schaffen, der für ein klar umrissenes Ziel verantwortlich ist. Es ist dann anzuwenden, wenn jemand sich wünscht, ein bestimmtes Ziel zu erreichen, unbewusst aber keinen Teil zur Verfügung hat, der das bestimmte Verhalten ausführen könnte.

Die Vorgehensweise:

1.
Identifizieren Sie das gewünschte Ziel, die Funktion des Teiles. „Ich möchte einen Teil, der X erreichen wird.“
2.
Verschaffen Sie sich Zugang zu allen zurückliegenden Erlebnissen, in denen Sie X oder etwas Ähnliches machten. Gehen Sie in jedes Erlebnis hinein und verschaffen Sie sich Zugang zu allen Aspekten des Verhaltens X oder von Elementen con X. Durchleben Sie diese Erinnerungen in allen Repräsentationsystemen.
3.
Schaffen Sie ein detailliertes Set von Bildern darüber, wie Sie sich verhalten würden, wenn Sie gerade das Verhalten demonstrieren, was dieser Teil von Ihnen Sie tun lassen wird, um das Ziel X zu erreichen
  a)
Als erstes lassen Sie einen dissoziierten, visuell, und auditiv konstruierten Film entstehen.
  b)
Sobald Sie eine ganze Sequenz vor Augen haben, mit der Sie zufrieden sind, gehen sie in das Bild hinein, durchlaufen Sie die ganze Sequenz noch einmal von innen und fühlen, wie das ist, wenn Sie sich so verhalten.
  c)
Sind sie unzufrieden, gehen zurück zu Schritt 3a. und verändern Sie den Film. Setzen Sie das solange fort, bis Sie mit der Phantasie von außen und von innen zufrieden sind.
4.
Ökologischer Check. „Hat irgendein Teil etwas dagegen einzuwenden, dass ich einen Teil haben werde, der verantwortlich dafür sein wird, aus der Phantasie Wirklichkeit zu machen?“ Stellen Sie sicher, dass Sie in allen Repräsentationssystemen überprüfen, damit Sie alle Teile finden, die Einwände haben. Dann für jeden einwanderhebenden Teil:
  a) Bitten Sie den Teil, das Signal für „ja“ zu intensivieren und für „nein“ abzuschwächen.
  b) Fragen Sie: „Welches ist Deine Funktion für mich?“ „Was tust Du für mich?“
  c) Falls die Funktion Sie nicht erkennen lässt, welchen Einwand der Teil hat, fragen Sie: „Was genau ist Dein Einwand oder Deine Befürchtung?“
  d) Stellen Sie eine komplette Liste aller Teile auf, die Einwände haben, und notieren Sie ihre Funktionen.
5. Stellen Sie alle Teile, die Einwände haben, zufrieden:
  a)
Definieren Sie den Teil, den Sie schaffen, neu, so dass Sie alle Funktionen und Befürchtungen der Teile, die Einwände haben, berücksichtigen.
  b)
Gehen Sie zurück zu Schritt 3., und entwickeln Sie eine neue oder modifizierte Phantasie, die die Befürchtungen aller Teile, die etwas einzuwenden haben, berücksichtigt.
  c)
Überprüfen Sie mit jedem Teil, dass diese neue Repräsentation des Verhaltens des neuen Teils nicht mit einer der Funktionen interferiert, und stellen Sie sicher, dass alle zufriedengestellt sind.
6.
Bitten Sie Ihre unbewussten Ressourcen, diese Fantasie zu analysieren und die wesentlichen Bestandteile zu extrahieren. Ihr Unbewusstes soll diese Information für den Bau des neuen Teils benutzen und ihm Existenz verleihen. „Holen Sie sich alles, was Sie brauchen, aus dieser Fantasie, damit Sie einen Teil von sich bauen können, der das mit Leichtigkeit und hervorragend tun kann auch zu jedem Zeitpunkt, in dem es notwendig ist.“ Die Fantasie wird als Ressource zur Stärkung bewusster Handlungsziele (Teile) genutzt. In der Fantasie ist die Funktion des teils leichter vorstellbar. Die kognitive Antizipation kann die spätere tatsächliche Durchführung erleichtern.
7. Prüfen Sie den Teil, um sicher zu stellen, dass er vorhanden ist:
  a)
Gehen Sie nach innen und fragen Sie ihn.
  b)
Überbrücken Sie in die Zukunft (future pace), tun Sie dies ggf. mehrmals. Sorgen Sie dafür, dass sich der Teil verhaltensmäßig engagiert, um herauszufinden, ob er angemessen reagiert.
(Vgl. hierzu Bandler/Grinder 2000, 126)