Kurze Beschreibung der Methode
Primäre und sekundäre Quellen
Theoretische und praktische Begründung
Darstellung der Methode
Beispiele
Reflexion der Methode
Praxiserfahrungen

4. Darstellung der Methode

Eine Zukunftswerkstatt kann durchgeführt werden mit einer Gruppe, die bereits ein gemeinsames Thema hat, das sie bearbeiten will, z. B. eine Schulklasse, die etwas am Klima in der Klasse verändern möchte. Eine Gruppe kann sich aber auch neu zusammenstellen, weil sie Interesse an einem bestimmten Thema hat, wie einzelne Studierende, die sich in einer Projektgruppe zur Verbesserung der Situation ausländischer Studierender zusammenfinden und dort zu diesem Thema eine Zukunftswerkstatt durchführen. Begleitet wird die Gruppe von einem Moderator/einer Moderatorin.

Begonnen wird möglichst mit einer vorbereitenden Phase. In ihr stellen sich die Gruppenmitglieder kurz vor und sagen etwas von ihren Wünschen und Erwartungen an die Zukunftswerkstatt. Der Moderator/die Moderatorin erläutert kurz die Geschichte und Zielsetzung der Methode, stellt die Phasen der Zukunftswerkstatt vor und erklärt ihre jeweiligen „Spielregeln“. Am besten werden diese an die Wand gehängt, um sie jederzeit vor Augen zu haben. Eine Fantasiereise oder Entspannungsübung kann zur Einführung hilfreich sein.

Jetzt kann es losgehen mit der Kritikphase: Die Teilnehmer (TN) werden ermuntert, ihrer Kritik zum Thema, zum jetzigen Stand der Dinge freien Lauf zu lassen. Der Moderator/die Moderatorin (M) kann fragen: „Was stört dich; wovor hast du Angst; was macht dich wütend?“, etc. und dadurch unterstützend wirken. Es ist gut, mit allem herauszurücken, was einem auf dem Herzen liegt und die Kritik so präzise wie möglich zu formulieren. Nach Sammlung der Kritikpunkte werden diese zu Problembereichen zusammengefasst. Sie werden auf große Papierbögen geschrieben und an die Wand/Tafel gehängt. Die TN wählen nun, z. B. durch Verteilen von bunten Klebepunkten, die für sie wichtigsten Themenbereiche aus. Es kristallisieren sich Schwerpunktthemen heraus, die in der anschließenden Fantasiephase bearbeitet werden. Hier lassen sich auch die Moderationstechniken geschickt einsetzen.

Die Fantasiephase hat eine Spielregel: Alles ist möglich. Alle Einwände wie „das geht aber nicht, weil ...“ und alle Zweifel haben Platz in der dritten Phase, der Verwirklichungsphase. Jetzt ist Raum für alle Wünsche, Träume, Ziele und Utopien. Das Auslagern aller „Aber“ in die nächste Phase hilft, der Fantasie freien Lauf zu lassen und einfach mal rumzuspinnen. „In jedem Menschen steckt viel mehr, als er selber weiß“, beschreibt Jungk den Zweck dieser Phase und den Erfolg von Zukunftswerkstätten überhaupt. Ein erster Schritt kann sein, die Kritikpunkte positiv umzuformulieren. Der Satz „Wir reden in unserer Klasse nur untereinander und zu zweit oder dritt über Sachen, die uns stören. Ich finde, dass wir so gar nichts ändern können“ könnte positiv formuliert heißen: „Ich möchte, dass wir Konflikte mit der ganzen Klasse besprechen, um sie gemeinsam lösen zu können“.

Im zweiten Schritt, dem Brainstorming, sollen die TN sich möglichst fantasievolle Lösungsvorschläge ausdenken, ohne Rücksicht auf Sachzwänge, Gesetze, ökonomische und soziale Hemmnisse. Die Ideen werden gesammelt und in einem nächsten Schritt von der Gruppe zu konkreten utopischen Entwürfen ausgearbeitet. Ist auf Grund von Zeitknappheit oder einer großen Fülle von Vorschlägen eine Auswahl notwendig, kann vor der Ausarbeitung der Ideen noch mal mit Hilfe von Klebepunkten entschieden werden, welche der Vorschläge weiterentwickelt werden. Arbeiten mehrere Kleingruppen gleichzeitig am selben Thema, können diese Entwürfe jetzt auch den anderen Gruppen vorgestellt werden, z.B. in Form einer Collage, eines Rollenspiels oder einfach erzählt werden. Wenn die Fantasiephase den TN zu Anfang Schwierigkeiten bereitet, kann der Moderator/die Moderatorin ermutigen und Hilfen geben, z.B. durch den Vergleich mit „Science Fiction“ oder durch den Einsatz einer Fantasiereise. Auch der nichtsprachliche Bereich kann oft helfen, den Kopf frei zu machen, z.B. indem die TN aufgefordert werden, ihre Wünsche als Bild zu malen.

In der Verwirklichungsphase oder Realisierungsphase werden die utopischen Entwürfe mit der Realität zusammengebracht. Welche Schwierigkeiten gibt es, die Ideen in die Tat umzusetzen? Wo müssen die Entwürfe verändert oder angepasst werden? Wo besteht die Notwendigkeit, äußere Bedingungen, z.B. bestehende Vereinbarungen, eingeschlichene Gewohnheiten oder ausgehandelte finanzielle Rahmenbedingungen, zu überdenken und ggf. zu verändern, um die Zukunftsentwürfe Wirklichkeit werden zu lassen? Auch in dieser Phase ist Kreativität und Fantasie nötig, um möglichst Erfolg versprechende und neuartige Wege zur Verwirklichung einer besseren Zukunft zu finden. Veränderungsschritte müssen konkretisiert werden. Was für Maßnahmen sollen ergriffen werden? Wer sind eventuelle Kooperationspartner? Muss Geld herangeschafft werden, wie viel und von wem? Wer tut es? Welche Alternativlösungen gibt es bei den einzelnen Schritten? Wo fehlen noch Kenntnisse zur Verwirklichung und wie kann ich sie erlangen? Bis wann sollen einzelne Schritte erledigt sein? Mithilfe dieser Konkretisierung lässt sich prüfen, ob eine weiterentwickelte Idee realisierbar ist. Sie ist die notwendige Bedingung für die spätere Umsetzung. Die Rolle der Moderatorin/des Moderators kann hier sein, auf Schwachstellen in der Planung hinzuweisen, also die Sicht von außen einzunehmen, evtl. auch Anregungen zu geben. M kann aber auch zum Durchhalten an schwierigen Punkten motivieren, wenn Utopie und „Wirklichkeit“ nicht zusammenzuführen zu sein scheinen.

An die Verwirklichungsphase sollte eine nachbereitende Phase anschließen, auch permanente Werkstatt oder weiterführende Werkstattarbeit genannt. Die Verwirklichungsphase ist der theoretische Abschluss einer Zukunftswerkstatt. Die Praxisanwendung des Erarbeiteten, die weiterführende Werkstattarbeit, ist jedoch immer zu befürworten, um die Arbeit mit Zukunftswerkstätten sinnvoll und befriedigend zu machen. Sie erfordert ein ausführliches Werkstattprotokoll. Sie erfordert auch und vor allem eine Erarbeitung von praktisch umsetzbaren Utopieentwürfen in der Verwirklichungsphase. Jungk/Müllert geben in ihrem Buch (s. Quellen) eine Reihe eindrucksvoller Beispiele dafür, was Zukunftswerkstätten erreichen können.