Kurze Beschreibung der Methode
Primäre und sekundäre Quellen
Theoretische und praktische Begründung
Darstellung der Methode
Beispiele
Reflexion der Methode
Praxiserfahrungen

3. Theoretische und praktische Begründung

 

>> 3.1. theoretische Begründung
>> 3.2. prakttische Begründung


3.1. Theoretische Begründung

Die Placemat-Methode lässt sich aus verschiedenen Gründen als konstruktivistisch bezeichnen:
Bei der Planung von Unterricht gilt es, insbesondere solche Lehr-Lernsituationen bereitzustellen, die die Vorerfahrungen der Lernenden in die Lernprozesse einbinden und ein hohes Maß an Situiertheit aufweisen (vgl. von Aufschnaiter & von Aufschnaiter 2005, S. 245). Dabei sollen die Lernenden spüren, dass neue Inhalte und Konzepte ihre eigenen Überzeugungen ggf. „passender“ erklären als die bereits vorhandenen Interpretationen. Es erfolgt eine Viabilitätsprüfung eigener Denkstrukturen und -konzepte. Nur so kann eine Weiterentwicklung des Wissenssystems initiiert werden. Hier setzt die Placemat-Methode an, indem sie zu einem konkreten Thema oder Problemzusammenhang die Vorstellungen der Lernenden in einem kreativen Prozess zunächst aktiviert und verfügbar macht sowie eine interpersonale Vernetzung der Vorstellungen anleitet. Durch das Kommentieren der Aussagen der Mitlernenden werden die eigenen Vorstellungen zunächst mit weiteren Informationen und Interpretationen angereichert und eine reflektive Auseinandersetzung mit dem Thema befördert.
Im konstruktivistischen Sinne sollten sich Lernergebnisse sowie der Erarbeitungsprozess höchst offen gestalten. Die dabei entwickelten Resultate sollten heterogen und prinzipiell unvorhersagbar sein (vgl. Meixner & Müller 2004, S. 2). Die Lernergebnisse in der Placemat-Methode sind abhängig von den subjektiven Vorstellungen der Lernenden, die zunächst für sich selbst, dann im Austauschprozess mit anderen kooperativ ihre Wissensstrukturen darlegen und verändern. So wird Lernen in der Placemat-Methode nicht als Prozess bloßer Reproduktion von Wissen verstanden, sondern als „ein aktiver Aneignungsvorgang, der das Angeeignete immer aus der Sicht des Lerners modifiziert, bricht, verändert – insgesamt re-konstruiert, aber dabei auch im Blick auf das Individuum notwendig neu konstruiert“ (Reich 2006, S. 195).
Vor dem Hintergrund, dass Sprache und Kommunikation wichtige Eckpfeiler effektiven Lernens darstellen, sollte Unterricht vielfältige soziale Interaktionen ermöglichen und mittels kooperativer und kommunikativer Lernformen Gespräche, Reflexionen sowie selbsttätiges Denken interaktiv anregen (vgl. Rebmann 2004, S. 18). Die Placemat-Methode kann hier einen lernförderlichen Beitrag leisten, indem es zur dialogischen Überprüfung der eigenen Wahrnehmungen und Interpretationen kommt, was zu einer Umstrukturierung bzw. Erweiterung der gerade konstruierten Wissensbasis führt (vgl. Krüssel 2003, S. 65). Dabei wird sowohl schriftsprachlich als auch mündlich kommuniziert, so dass variable Anforderungen an die Kommunikationskompetenzen – und somit an unterschiedliche Lernertypen – gestellt werden. Dies geht einher mit der Forderung, dass „möglichst viele unterschiedliche Lerner zu konstruktiven Lösungen“ geführt werden sollen (Reich 2006, S. 194). Die kooperativ gestaltete Vorgehensweise der Placemat-Methode weckt darüber hinaus durch das Kommentieren fremder Statements das Interesse am Andersdenkenden und an der reflexiven Vergewisserung, dass unterschiedliche Biografien und Erfahrungen zu differenzierten Beobachtungen führen.
Verweise:
Aufschnaiter, C. von & Aufschnaiter, S. von (2005). Über den Zusammenhang von Handeln, Wahrnehmen und Denken. In R. Voß (Hrsg.), Unterricht aus konstruktivistischer Sicht (S. 234-248; 2. Auflage). Weinheim: Beltz.
Krüssel, H. (2003). Pädagogikunterricht neu sehen. Baltmannsweiler: Schneider.
Meixner, J. & Müller, K. (2004). Angewandter Konstruktivismus. Aachen: Shaker.
Rebmann, K. (2004). Didaktik beruflichen Lernens und Lehrens. Grundlagen der Weiterbildung-Praxishilfen (GdW-Ph), 57, S. 1-20.
Reich, K. (2006). Konstruktivistische Didaktik (3. Auflage). Weinheim: Beltz.


3.2. Praktische Begründung

Aus praktischer Sicht bietet die Placemat-Methode Vorteile sowohl für den Lernenden als auch für den Lehrenden.
Die Methode ist durch den Lernenden sehr leicht erlernbar; eine kurze verbale Einführung und eine beispielhafte Anwendung der Methode sind ausreichend. Für die Lehrkraft bedeutet der Einsatz von Placemats nur geringen Vorbereitungsaufwand. Ein großes Blatt Papier ist lediglich entsprechend der Gruppenmitglieder in gleich große Felder zu teilen und mit einem Feld für das Gruppenergebnis in der Mitte zu versehen. Dies verdeutlicht zugleich den größten Vorteil der Methode für die Lehrkraft, der darin liegt, dass der Lehrende den individuellen Lernenden zur Aktivität führt und so die Einzelleistung und den Kenntnisstand des Lernenden feststellen kann, aber zugleich auch Gruppenarbeitsphasen integriert, in denen kooperative Ergebnisse festgehalten werden, die durch die vorgeschaltete Einzelarbeit ein Resultat aller Lernenden darstellen (vgl. Brüning & Saum 2008, S. 26; Sliwka 2004, S. 131 f.). Somit wird das Risiko bereits im Vorfeld ausgeschaltet, dass sich einzelne Lernende im Schutz der Gruppe aus der Aktivität zurückziehen und unbeteiligt bleiben. Durch die kooperative Aushandlung einer gemeinsamen Antwort oder den zentralen Aussagen zur übergeordneten Fragestellung erhalten die Lernenden die Möglichkeit, Einsicht in andere Sichtweisen, Blickwinkel und Herangehensweisen zu einer bestimmten Thematik zu erlangen (vgl. Green & Green 2010, S. 136).
Darüber hinaus ist die Placemat-Methode bezogen auf den Aspekt der Situiertheit ebenfalls von hohem Wert. Damit die Lehrenden an die Erfahrungswelt der Lernenden anknüpfen können, müssen sie in der Lage sein, Vorstellungen darüber zu entwickeln, wie der Entwicklungsstand sowie die Begriffsstrukturen der Lernenden ausgestaltet sind (vgl. Diesbergen 1998, S. 81 f.). Die ausgefüllten Placemats stellen eine dokumentierte Darstellung vorhandener Denkstrukturen und Argumentationsmuster der Lernenden zu konkreten Problemstellungen dar, Erfahrungen der Lernenden werden demzufolge aktiviert, die für die Entwicklung weiterer Unterrichtssequenzen genutzt werden können. Durch ihren Ablauf und die Verwendung des Papierbogens, welcher den Fokus durch eine klare Struktur auf die Fragestellung zentriert, stellt die Placemat-Methode eine Möglichkeit dar, eventuell bestehenden Motivationsproblemen seitens der Lernenden entgegenzuwirken (vgl. Brüning & Saum 2008, S. 26).
Da sich die Placemat-Methode sowohl sehr gut zum Einstieg in ein Thema eignet, indem Vorerfahrungen abgefragt werden, als auch zur Erfassung von Lernzwischenständen und Arbeitszwischenergebnissen sowie zur abschließenden Diskussion eines Themenkomplexes (vgl. Blomert o. J.), kann die Lehrkraft je nach Unterrichtsphase, in der die Methode eingesetzt wird als auch durch die inhaltliche Fragestellung die Komplexität für die Lernenden variieren.
Hinsichtlich der Größe der Lerngruppe ist die Placemat-Methode flexibel einsetzbar; Klassenverbände können in Kleingruppen aufgeteilt werden. Dies eröffnet der Lehrkraft die Möglichkeit entweder homogen vorzugehen und alle Gruppen die gleiche Fragestellung bearbeiten zu lassen oder durch die Fragestellung eine Differenzierung innerhalb des Klassenverbandes vorzunehmen.

Verweise:
Blomert, P. (o. J.). PLACEMAT – Das „Schweizermesser“ des kooperativen Lernens. URL: http://www.kooperatives-lernen.de/dc/CL/index.html [28.07.2010].
Brüning, L. & Saum, T. (2008). Erfolgreich unterrichten durch Kooperatives Lernen. Strategien zur Schüleraktivierung. Essen: Neue Deutsche Schule Verlagsgesellschaft mbH.
Diesbergen, C. (1998). Radikal-konstruktivistische Pädagogik als problematische Konstruktion: eine Studie zum radikalen Konstruktivismus und seiner Anwendung in der Pädagogik. Bern: Lang.
Green, N. & Green, K. (2010). Kooperatives Lernen im Klassenraum und im Kollegium. Das Trainingsbuch. Seelze-Velber: Klett/Kallmeyer.
Sliwka, A. (2004). Räume und Formen demokratischen Sprechens in der Schule: Kooperatives Lernen – Deliberation im Klassenrat – Deliberationsformen. In F. Heinzel & U. Geiling (Hrsg.), Demokratische Perspektiven in der Pädagogik (S. 127-141). Wiesbaden: VS.