Kurze Beschreibung der Methode
Primäre und sekundäre Quellen
Theoretische und praktische Begründung
Darstellung der Methode
Beispiele
Reflexion der Methode
Praxiserfahrungen

3. Theoretische und praktische Begründung

An dieser Stelle soll nicht auf die sehr weite und breite Diskussion eingegangen werden, die seit Platon den Fragen eine besondere Bedeutung zukommen lässt (vgl. dazu einführend die Links aus den Quellen). Ich will nicht in Zweifel stellen, dass Fragen für Lehr- und Lernprozesse wesentlich, wichtig und nützlich sind. Aber sie müssen immer in einem Gesamtkonzept gesehen werden, denn ein nur fragend-ent­wickelnder Unterricht wäre selbst bei optimaler Durchführung zu wenig.

Fragen wir deshalb ganz direkt: Ist der fragend-entwickelnde Unterricht, der noch vor einiger Zeit in Deutschland als idealer Typus des Lehrens vertreten wurde, heute noch zeitgemäß? Die Schulleistungsforschung hat in den letzten Jahren deutlich herausgearbeitet, dass dieser Unterrichtstypus problematisch sein kann. So sagt Jürgen Baumert, der auch in der Pisa-Koordinatuion tätig ist, z.B. (in E&W, Zeitschr. der Bildungsgewerkschaft GEW 1/2002 S.25) im Blick auf empirische Untersuchungen über die Durchführung mit dieser Methode:

„Unser Standardunterrichtsskript des ,fragend-entwickelnden Unterrichts’ ist äußerst an­spruchs­voll und im Falle des Gelingens ein kognitiv aktivierendes, wenn auch für die Lehrkraft sehr anstrengendes Unterrichtsmuster. Gleichzeitig ist aber das Risiko des Scheiterns, wie alle Videoaufzeichnungen belegen, sehr hoch. Die konvergent auf ein Ergebnis ausgerichtete Unterrichtsführung führt dann dazu, dass ein anspruchsvolles Ausgangsproblem in der Folge immer einfacherer Fragen schrittweise trivialisiert wird. Bei dieser Choreografie verfügen Lehrkräfte weder über die psychischen Ressourcen noch über die Zeit, um auf Differenz adäquat einzugehen.

Ich will das an zwei Beispielen deutlich machen: Im ,fragend-entwickelnden Unterricht’ können Lehrkräfte sehr schlecht mit Schülerbeiträgen umgehen, die über das Thema hinausführen: Sie stören oft das Unterrichtskonzept. Wenn eine Lehrkraft darauf eingeht, beginnt der Unterricht leicht zu mäandern und das Unterrichtsziel gerät aus dem Blick. Ebenso fällt es Lehrkräften bei dieser Choreografie schwer, Fehler produktiv zu machen; dies verlangt eine Interpunktion im Unterrichtsgang, die nicht vorgesehen ist. Die Struktur des Unterrichtsskripts lässt der Lehrkraft wenig Chancen, auf Heterogenität angemessen und individuell zu antworten.“

Genau solche Schwierigkeiten sind es, die das fragend-entwickelnde Verfahren nur als eingeschränkt tauglich zeigen, wenn es darum geht, einerseits eine möglichst multi­perspektivische Erweiterung des Lernhorizontes zu erreichen und gleichzeitig das Thema „durchzubringen“. Dieser Grundkonflikt stellt sich aber heute schärfer als früher, wo man noch meinte, ein sicheres Wissen – im Sinne Platons ein klares Herrschaftswissen der Philosophen (und hinter ihnen stehender gesellschaftlicher Interessenlagen) – vertreten zu können. In dem Maße wie wir von den monokausalen und universellen Weltbildern der Moderne mit ihren neosokratischen Dialogen – die heute von einigen auch wieder als rhetorische Übungen angepriesen werden – Abschied nehmen mussten, rückten eben auch andere handlungsorientiertere Methoden an die Seite dieses „Lehrklassikers“.