Kurze Beschreibung der Methode
Primäre und sekundäre Quellen
Theoretische und praktische Begründung
Darstellung der Methode
Beispiele
Reflexion der Methode
Praxiserfahrungen

5. Beispiele

Sowohl im Internet als auch in Buchform finden sich viele praktische Beispiele und Erfahrungsberichte zum Thema Freiarbeit. Wir haben uns vorrangig auf Literatur in Buchform gestützt, da das Angebot im Internet sehr groß ist und daher auch schnell unübersichtlich wird. Es sollte jedoch als Anregung jeweils aktuell recherchiert werden.

>> 5.1 Tagesablauf
>> 5.2 Arbeit von Julie-Marie, Lehrerin einer ersten Klasse mit 25 Schülern
>> Projekte und Erfahrungsberichte im Internet

 

5.1 Tagesablauf

Freinet strukturiert den Schultag durch immer wiederkehrende Aktivitäten, die durch den Wechsel von Gemeinschaftsarbeit und Einzelarbeit gekennzeichnet sind. Der Schulmorgen beginnt mit Gesang, auf den, wenn es die Umstände ermöglichen, eine kurze „moralische Unterhaltung“ (gemeint ist das Sprechen über lokale Ereignisse, Zeitungsartikel u.ä.) folgt.
Es schließt sich der Teil der „Lektüre“ an: Es werden zwei oder drei Schüler ausgewählt, die einen ihrer vorbereiteten Texte vorlesen. Währenddessen dürfen sich die anderen still be­schäftigen (malen). Die so entstandenen Bilder werden nach dem Lesen angeschaut, zwei davon werden für das „Lebensbuch“ der Klasse ausgesucht. Danach schreiben die Schüler ihre „freien Texte“.
Nachmittags steht eine Stunde freies Arbeiten gemäß dem Arbeitsplan (s.o.) auf dem „Stundenplan“. Darauf folgt eine Stunde „Rechenschaftsbericht“, in dem die Kinder zeigen, was sie gemäß dem Arbeitsplan erledigt haben. In der letzten Stunde werden die Ergebnisse präsentiert.
Während des Tages können die Schüler außerdem auf eine Wandzeitung schreiben, was sie den anderen gerne mitteilen wollen, d.h. was sie kritisieren, was sie gutheißen, was sie gerne tun möchten und was sie bereits getan haben.

 

5.2 Arbeit von Julie-Marie, Lehrerin einer ersten Klasse mit 25 Schülern

Die Lehrerin Julie-Marie versucht die Freiarbeit im Sinne Freinets in ihrer 1. Klasse praktisch umzusetzen. Am ersten Tag bekommen die Schüler ein leeres Heft, mit dem Angebot etwas zu zeichnen. Das fertige Bild wird dann der Lehrerin vorgelegt. Die Schüler werden sodann aufgefordert, der Lehrerin etwas über ihr Bild zu erzählen. Vom ersten Tag an zeigt sich so die Unterschiedlichkeit der Kinder, ihre individuelle Herangehensweise, auf die im Unter­richtsgeschehen eingegangen wird. Die einen machen lange Aufzählungen, die anderen langatmige Geschichten und wieder andere äußern lediglich einen Satz. Die Lehrerin schreibt passend zu jedem Bild einen Satz in Schreibschrift auf, den die Kinder dann anschließend so gut sie können nachmalen sollen. Daran anschließend zeigt jedes Kind einzeln der Klasse sein Bild und versucht den Text vorzulesen. Dieses Vorgehen wiederholt sich in den ersten beiden Wochen täglich. Mit der Zeit eignen die Kinder sich so einen Vorrat an Wörtern an, auf die sie anschließend zurückgreifen können.
Vom ersten Tag an bezieht Julie-Marie die Druckerei, wie sie von Freinet dargestellt wird, ein. Zunächst wird sie nur mit Hilfe der Lehrerin gebraucht. Jedes Kind druckt mit ihrer Hilfe seinen Namen, so dass die Kinder einen Bezug zu dem Text haben. Die fertige Liste mit den 25 Namen wird dann anschließend von Julie-Marie an die Tafel übertragen. Jeder Schüler muss nun seinen Namen in der Liste suchen und ihn auf seinem eigenen gedruckten Blatt unterstreichen. Danach sollen die Kinder beides lesen, den Namen an der Tafel und auf ihrem gedruckten Blatt. Da die Namensliste kein anonymer Text ist, behalten die Kinder nach Julie-Marie ihr Interesse, zudem entsteht durch das laute Vorlesen des Namens jedes Kindes noch eine Art gruppendynamischer Vorgang. Die Schüler lernen sich auf diesem Wege besser kennen und können sich die Namen einfacher einprägen. Nach 10 Tagen ist ein Teil der Schüler von Julie-Marie fähig, einige Wörter und Laute zu erkennen und auch zu schreiben. Nun bekommen die Kinder ein zweites Heft, in das alle gedruckten Texte eingeklebt werden, außerdem werden die fertigen Texte noch auf Papierbögen übertragen und in der Klasse aufgehängt.
In der dritten Woche arbeitet die Lehrerin abwechselnd mit der Bild-Text Arbeit und der Arbeit am Laut. Die Arbeit am Laut verläuft wie folgt: Eine Reihe von Wörtern wird an die Tafel geschrieben, zum Beispiel Wörter, die den Buchstaben B beinhalten. Anschließend müssen die Kinder bei jedem Wort den Buchstaben B umkreisen. In Bezug auf die Arbeit am Laut bemerkt Julie-Marie nach drei Wochen häufig eine Überforderung bei den Kindern, sobald es über den Buchstaben L hinausgeht. Sie fordert die Kinder dann zu einer anderen Arbeit wie z.B. Spielen auf.
Im zweiten Halbjahr werden von der Lehrerin Lesehefte eingeführt, deren Inhalt auf einem sehr kleinen Wortschatz gründet, dessen Worte sich im Text oftmals wiederholen. Beim Lesen soll jedes Kind seinen eigenen Rhythmus finden, wobei der Rhythmus der Klasse normativ ist.
Am Ende des ersten Schuljahres stellt Julie-Marie fest, dass zwei Kinder noch nicht bereit sind, in die zweite Klasse zu wechseln.
Im zweiten Schuljahr werden die Übungen aus dem ersten Schuljahr weitergeführt, allerdings kommen einige neue Schwerpunkte hinzu, wie zum Beispiel Kinder-Texte. Die Kinder sollen kleine Texte verfassen, wobei sie die gesammelten Texte der Klasse und das Wörterbuch zur Hilfe nehmen können. Die Ziele dieser Übung sind: Die Sicherheit im Schreiben, der freie Ausdruck und Verbesserung in der Lektürearbeit.
Weitere Beispiele für Schwerpunkte können sein: Wörterbuch und Sammlung gedruckter Texte, Druckerei, Arbeit am Laut, Lektüre, Grammatik oder Vorlesen auf Tonband.
In der praktischen Erfahrung von Julie-Marie mit der Freiarbeit nach Freinet zeigen sich vor allem zwei Aspekte, die die Arbeit stark belasten. Dies sind zum einen der unterschiedliche Rhythmus der einzelnen Kinder und zum anderen die skeptische Haltung der Eltern zu dem Thema Freiarbeit. (Aus: Baillet, Dietlinde: Freinet- praktisch; Beltz Verlag- Weinheim und Basel 1983)
Kritischer Kommentar: An dem Beispiel fällt auf, dass heute bereits viele didaktische Konzepte für die Grundschule Aspekte dieses Unterrichts übernommen haben. Die Lehrerin setzt eine Mischform aus traditionellem Unterricht und einzelnen Elementen des Offenen Unterrichts ein. Sie scheint weniger von einer durchgängigen Haltung geprägt zu sein, wie es eine konstruktivistische Didaktik fordert: Insbesondere kommt eine Darstellung der Beziehungs- und Kommunikationsarbeit mit den Kindern, eine Vielfalt konstruktiver Lernerprobungen, das Problem einer Differenzierung heterogener Lerngruppen und ein umfangreiches Lernverständnis (vgl. Reich: Konstruktivistische Didaktik, Kapitel 3) zu kurz.

 

Projekte und Erfahrungsberichte im Internet

Schule
http://www.amg-beckum.de/FA/index.html
Diese Seite bietet eine Reihe von interessanten Informationen zum Thema Freiarbeit. Erleichtert wird die Recherche durch eine eingängige Gliederung in Konzeption und Durch­führung. Wer sich mit diesem Thema beschäftigen möchte ist auf dieser Seite sehr gut aufgehoben. Besonders auf Lehrerinnen und Lehrer ausgerichtet.

Grundschule
http://www.teachersnews.net/
Informationen über neue Entwicklungen, Konzepte und vor allem Materialien.

http://www.lehrenundlernen.de/materialien.htm
Hier findet man zusätzliche Ideen und Konzepte zum offenen Matheunterricht.