Kurze Beschreibung der Methode
Primäre und sekundäre Quellen
Theoretische und praktische Begründung
Darstellung der Methode
Beispiele
Reflexion der Methode
Praxiserfahrungen

4. Darstellung der Methode

Bei der Szenario-Methode handelt es sich um ein Instrument der Zukunftsanalyse. Es ist ein Verfahren zum systematischen Entwurf mehrerer alternativer, nachvollziehbar dargestellter Vorstellungen von der Zukunft und der jeweiligen Entwicklungspfade dorthin (vgl. Brettschneider 1999, S. 208). Das hinter der Szenario-Methode stehende Denkmodell kann mit Hilfe eines Trichters visualisiert werden, der die Entwicklung von der Gegenwart in die Zukunft graphisch darstellt (vgl. Geschka & Hammer 1997, S. 468):

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Die gegenwärtige Ausgangssituation (Zeitpunkt tₒ) stellt die Spitze des Trichters dar, da sie relativ eindeutig zu erklären und zu analysieren ist. Je mehr Zeit vergeht, desto weniger genau ist die zukünftige Situation eindeutig beschreibbar, da immer mehr Ungewissheiten zu berücksichtigen sind (vgl. Kaiser & Kaminski 1999, S. 210). Dies wird verdeutlicht durch die größer werdende Spannbreite des Szenario-Trichters. Die Vielfalt möglicher Entwicklungspfade führt zu einem Bündel alternativer Zukünfte, die sich im Zeitablauf auseinanderbewegen (vgl. Kaiser & Kaminski 1999, S. 210). Um die Weite und Vielfalt möglicher Zukünfte erfassen zu können, werden in der Regel zwei Extremszenarien (bestmöglichste bzw. schlechtmöglichste Entwicklung) aufgestellt. Zudem wird ein Trendszenario formuliert. Dies ist ein Zukunftsentwurf, der dem Entwicklungstrend der Vergangenheit entspricht. Er liegt in der Mitte des Trichterquerschnitts. Durch das Aufstellen dieser drei Grundtypen von Szenarien können alle möglichen und empirisch wahrscheinlichen Szenarien beschrieben werden. Dabei müssen sie folgenden Qualitätskriterien genügen (vgl. Albers & Broux 1999, S. 59):

  • größtmögliche Stimmigkeit, Konsistenz und Widerspruchsfreiheit innerhalb eines Szenarios. Einzelne Entwicklungen dürfen sich nicht gegenseitig aufheben;
  • größtmögliche Stabilität der Szenarien. Stabilität bedeutet, dass die Szenarien nicht bei kleineren Erschütterungen oder Veränderungen einzelner Faktoren in sich zusammenbrechen;
  • größtmögliche Unterschiedlichkeit der Grundtypen. Das bedeutet, dass die Extremszenarien möglichst nahe an die Ränder des Szenario-Trichters herankommen sollen.

Die Szenario-Methode gliedert sich in verschiedene Phasen. In der Literatur existieren dazu unterschiedliche Ausgestaltungen. Prinzipiell erfolgt die methodische Vorgehensweise aber in folgenden  Schritten:
Aufgaben- und Problemanalyse
Hier wird zunächst der zu untersuchende Sachverhalt genau festgelegt und beschrieben. Der Ist-Zustand soll durch Fakten bestimmt werden, denn die Darstellung der Gegenwart stellt die Basis für die zu entwickelnden Szenarien dar (vgl. Albers & Broux 1999, S. 61). Die genaue Festlegung des Themas geschieht durch die Gesamtgruppe. Das dafür notwendige fachliche Wissen besitzen die Lernenden zu diesem Zeitpunkt schon oder es muss noch erarbeitet werden, zum Beispiel durch Referate, Textauszüge oder Filme (vgl. Albers & Broux 1999, S. 61). Der Lehrende sollte dafür umfangreiches Informations- und Quellenmaterial zur Verfügung stellen. Am Ende dieser Phase sollte eine explizite Problembeschreibung vorliegen.
Einflussanalyse
In dieser Arbeitsphase geht es zunächst darum, die Faktoren zu ermitteln, die den Untersuchungs-gegenstand beschreiben und möglicherweise beeinflussen. Um dies zu realisieren, eignen sich besonders Brainstorming-Verfahren. Die so ermittelten Einflussbereiche und -faktoren werden gesammelt und für alle sichtbar angebracht (vgl. Bundeszentrale für politische Bildung 2008). Im Rahmen eines Clusterings können verschiedene Faktoren zu Bereichen zusammengefasst werden. Wenn alle Einflussbereiche durch die entsprechenden Einflussfaktoren ausreichend beschrieben sind, wird eine Vernetzung vorgenommen (vgl. Albers & Broux 1999, S. 62). Diese Vernetzung, die mit Hilfe einer Vernetzungsmatrix dargestellt werden kann, soll verdeutlichen, wie sich die einzelnen Faktoren gegenseitig beeinflussen (ein Beispiel einer derartigen Vernetzungsmatrix findet sich bei Albers & Broux 1999, S. 62). Ebenso wie der Szenario-Trichter stellt die Matrix lediglich ein Denkmodell dar. Es kommt daher nicht so sehr auf die Ergebnisse an, sondern der Prozess der Kommunikation und Auseinandersetzung über mögliche und wahrscheinliche Zusammenhänge und Abhängigkeiten ist wesentlich (vgl. Albers & Broux 1999, S. 63).
Deskriptorenanalyse
In dieser Phase werden die Einflussbereiche und Einflussfaktoren hinsichtlich ihrer quantitativen und qualitativen Inhalte bewertet. Dazu müssen die verschiedenen Einflüsse als Deskriptoren dargestellt werden (vgl. Albers & Broux 1999, S. 63). Das bedeutet, sie müssen genauer beschrieben werden und eine eindeutig definierte Messgröße muss festgelegt werden (operationalisiert) (vgl. Bundeszentrale für politische Bildung 2008). Aus dem quantitativen Einflussfaktor "Emissionen" wird beispielsweise „Ausstoß von Kohlendioxid durch Autoabgase in Tonnen“. Deskriptoren sollten wertneutral und sachlich formuliert werden. Die aufgestellten Deskriptoren werden dann in ihrem zukünftigen Entwicklungsverlauf analysiert und bewertet (vgl. Albers & Broux 1999, S. 63). Unterschieden wird zwischen eindeutigen Deskriptoren, deren Verlauf zielstrebig ist und alternativen Deskriptoren, die mehrere mögliche, deutlich unterscheidbare Entwicklungsverläufe beschreiben (vgl. Bundeszentrale für politische Bildung 2008).
Entwicklung der Szenarien
Aus den Ergebnissen der vorangegangenen Phasen werden in diesem Schritt ausführliche Szenarien aufgestellt, die in anschaulicher Weise mögliche Zukunftsentwicklungen und deren Konsequenzen sichtbar machen (vgl. Albers & Broux 1999, S. 64). Das Aufstellen der Szenarien beschränkt sich auf ein extrem positives Szenario, ein extrem negatives Szenario sowie auf ein Trendszenario. In der Fachliteratur ist dabei die Ausarbeitung eines Trendszenarios umstritten. Kritisiert wird, dass Trendszenarien dazu verführen, alles so zu belassen, wie es ist (vgl. von Reibnitz 1991, S. 28).
Die Szenarien können von den Lernenden vielfältig gestaltet werden. Sie können zum Beispiel in Form eines Briefs, eines Reiseberichts oder eines Rollenspiels dargestellt werden.
Entwicklung von Strategien und Maßnahmen zur Problemlösung
Diese letzte Phase führt zur Problemanalyse der Ausgangssituation zurück. Es sollen nun Konsequenzen aus den aufgestellten Szenarien gezogen werden sowie Handlungsstrategien entworfen werden, die einen positiven Verlauf der Ausgangssituation möglich machen (vgl. Albers & Broux 1999, S. 64). Wichtige Fragen sind dabei, was der einzelne tun kann, was die Gruppe machen kann oder wie eine bestimmte Organisation/ Institution sich verhalten muss, um eine positive Zukunftsentwicklung zu realisieren.
Der hier dargestellte Phasenverlauf ist auf keinen Fall starr zu handhaben. So kann zum Beispiel auf einzelne Phasen verzichtet werden (z. B. die Deskriptorenanalyse), wenn die Lerngruppe diese methodische zielgruppenorientierte Anpassung notwendig macht. Ebenso können einzelne Phasen zusammengefasst werden. Dementsprechend variabel ist die veranschlagte Dauer. Eine gründliche Auseinandersetzung mit der Thematik kann mehrere Tage in Anspruch nehmen, eine verkürzte Abhandlung kann in einigen Stunden realisiert werden. Die Szenario-Methode kann sowohl zum Einstieg in ein Thema, als Zwischenanalyse oder auch als Abschluss/Endkontrolle eingesetzt werden. Je nachdem zu welchem Zeitpunkt die Methode in eine Unterrichtseinheit eingebracht wird, können Informationstexte eingereicht werden. So ist der Bedarf an zusätzlichen Informationen in der Einstiegsphase wesentlich höher als es beispielsweise zum Ende einer Einheit der Fall ist. Sind die Lernenden aufgefordert, sich selbständig die nötigen Informationen zu beschaffen, ist zudem automatisch der Schwierigkeitsgrad gesteigert.

Verweise:
Albers, O. & Broux, A. (1999). Zukunftswerkstatt und Szenariotechnik. Ein Methodenbuch für Schule und Hochschule. Weinheim: Belz.
Brettschneider, V. (1999). Szenario. In F. -J. Kaiser & H. Kaminski (Hrsg.), Methodik des Ökonomie- Unterrichts. Grundlagen eines handlungsorientierten Lernkonzepts mit Beispielen (S. 207-230). Bad Heilbrunn: Klinkhardt.
Bundeszentrale für politische Bildung (2008). Szenariotechnik, Szenariomethode. URL: http://www.bpb.de/methodik/J4X0OC,0,0,Anzeige_einer_Methode.html?mid=275 [Stand: 04.08.2010].
Geschka, H. & Hammer, R. (1997). Die Szenario-Technik in der strategischen Unternehmensplanung. In D. Hahn & B. Taylor (Hrsg.), Strategische Unternehmensplanung (7. Aufl.; S. 464-489). Heidelberg: Physica.
Reibnitz, U. von (1991). Szenario-Technik: Instrumente für die unternehmerische und persönliche Erfolgsplanung. Wiesbaden: Gabler.