Kurze Beschreibung der Methode
Primäre und sekundäre Quellen
Theoretische und praktische Begründung
Darstellung der Methode
Beispiele
Reflexion der Methode
Praxiserfahrungen

4. Darstellung der Methode

Das szenische Spiel ist eine Methode, mit allen Sinnen zu lernen. Doch warum ist es so wichtig, mit allen Sinnen zu lernen?
Wenn wir lernen, nehmen unsere Sinne unser gesamtes Umfeld mit Raum, Zeit, Geruch usw. mehr oder weniger bewusst war. Diese Wahrnehmungen der Umwelt rufen in uns bestimmte Erinnerungen, Gefühle und Phantasien wach. Kommt es nun zur Unterdrückung dieser Assoziationen, z.B. im Unterricht, so werden Unterrichtsthemen und Lerninhalte leicht zu scheinbar zu affektneutralen Stoffen.
Das szenische Spiel kann in Lern- und Erkenntnisprozessen helfen, unsere körperlichen und sprachlichen Verhaltens- und Ausdrucksweisen wieder mit einzubeziehen. Wir lernen durch das szenische Spiel, unsere konkreten Wahrnehmungen, Vorstellungen und Erfahrungen mit dem abstrakten Lerninhalt zu verbinden und lassen ihn so nicht mehr als etwas Fremdes außen vor.
Im szenischen Spiel können eigene und fremde Vorstellungen im Schutze einer Rolle erprobt und reflektiert werden. Die Methode ermöglicht es, durch das Spielen von eigenen und fremden Rollen und Szenen, viel über seine Mitmenschen, über soziale Prozesse und schließlich über sich selbst zu erfahren und zu lernen.
Das szenische Spiel stellt ein multimediales Arbeiten dar (indem man es z.B. mit Sprache, Musik, Bewegung und Rhythmik verknüpft), und sollte in keinem Fall ein bloßes Nebeneinander individueller Tätigkeiten sein. Es sollte eine gemeinsame Handlung, eine soziale Aktion stattfinden, in der jeder mit jedem in Interaktion treten kann. Ein Gruppenprozess wird gefördert, indem die ganze Gruppe aktiv die Handlung steuert. Beim szenischen Spiel sollen die individuellen Tätigkeiten stets aufeinander bezogen sein, die Kooperation soll gefördert und ein gemeinsames Ziel verfolgt werden.

4.1 Rahmenbedingungen, Teilnehmer und Spielleitung

4.1.1 Räumlichkeiten
Grundsätzlich kann eine szenische Reflexion in allen Räumen durchgeführt werden, es sollten jedoch einige Voraussetzungen gegeben sein. Zum einen sollte das Mobiliar beweglich sein, so dass es verwendet oder beiseite geschoben werden kann und zum anderen ist ein nicht zu dunkler Raum förderlich. Es sollte außerdem neben dem Spiel- und Handlungsraum noch genug Platz für die Beobachter der Szene sein.
Ein normaler Seminar- oder Klassenraum eignet sich besonders. Ist es eine zu außergewöhnliche Räumlichkeit, wird der Lernalltag eventuell zu sehr ausgegrenzt. Kleine Veränderungen im Raum, wie z.B. ein Stuhlkreis und an die Wand geschobene Tische sind dagegen konzentrationsförderlich. Das Spielen in der freien Natur erweist sich oft als ungünstig, da dies meist zu sehr ablenkt und man so leichter von seiner inneren Vorstellung abschweift.

4.1.2 Zeit
Günstig für das szenische Spiel ist eine größere Zeiteinheit als die üblichen zwei Stunden in der Schule oder bei stundenmäßig festgelegten Weiterbildungen. Der Grund dafür ist das intensive und sinnesbezogene Eingehen auf den Lerninhalt, da die szenische Darstellung eines Themas mehr Zeit bedarf, als eine sprachliche Auseinandersetzung.

4.1.3 Themen
Die Themen im szenischen Spiel sind soziale Situationen und soziale Ereignisse. Erlebnis- oder Situationsbeschreibungen können ebenso Gegenstand der Darstellung sein wie Texte, Filme oder Bilder. Jegliche Fachinhalte, die auf soziale Situationen bezogen werden können, sei es Kunst, Geschichte, Deutsch, Politik, Geographie, Religion oder Musik lassen sich szenisch darstellen. Es eignen sich auch generelle Themen wie Kindheit, Jugend, Alter, Jungen und Mädchen, Sexualität, Drogen, Flucht, Gewalt usw.
Problematisch kann es im szenischen Spiel immer sein, wenn die Rollen und Situationen den Spielern nahe gehen. Hier muss der Spielleiter Möglichkeiten des Auffangens und der produktiven, lösungsorientierten Weiterverarbeitung erreichen, damit das Spiel die Teilnehmer nicht etwa mit aufgewühlten und unverarbeiteten Gefühlen alleine lässt. Wenn es um Probleme der Teilnehmer und deren Beseitigung geht, ist es günstig, wenn die aufgegriffene Situation zeitlich zurückliegt.

4.1.4 Teilnehmer
Das szenische Spiel ist ein erheblicher Motivationsreiz in Schulen und anderen pädagogischen Praxisfeldern. Es kann jedoch ebenso gut mit Erwachsenen, Jugendlichen, Schülern aller Schulstufen, besonderen Personenkreisen gearbeitet werden. Es müssen lediglich die unterschiedlichen Voraussetzungen und Haltungen der Teilnehmer berücksichtigt werden.
Die Spielszene wird (in unterschiedlicher Lenkung durch den Spielleiter von enger bis sehr offener Aufgabenstellung) von einer Gruppe in einem separaten Raum oder einer Ecke des Zimmers vorbereitet. Die Beobachtergruppe (in unterschiedlicher Lenkung der Beobachtung durch fremde oder selbst erstellte Beobachtungsaufgaben) sitzt in einem separaten Raum oder im gleichen Raum mit dem Rücken zur Gruppe, um Ablenkung zu vermeiden. Der Spielleiter sitzt, wenn er nicht der Spielgruppe Anweisungen gibt oder bei der Erarbeitung hilft, bei der Beobachtergruppe, um der Spielergruppe genügend Gestaltungsfreiraum zu signalisieren.
Die einzelnen Gruppenmitglieder wählen im Idealfall eine Rolle, die sie gerne spielen möchten. Es ist jedoch manchmal hilfreich, wenn der Leiter einzelnen Spielern gegensätzliche Rollen anbietet, da dadurch verhindert wird, das schwierige Situationen und Prozesse wiederholt und verstärkt werden. Es sollte jeder, der möchte, spielen und es sollten auch einzelne Szenen von verschiedenen Gruppenmitgliedern nacheinander gespielt werden können.
Die Gruppe setzt sich in der Regel entweder per Zufall (der Leiter zählt durch) oder nach Themeninteresse zusammen.

4.1.5 Spielleitung
Der Spielleiter sollte, bevor er ein Spiel mit der Gruppe beginnt, mit Hilfe von Texten, Filmen und Bildern über die nötigen Vorkenntnisse des Themas sorgen. Bei persönlichen Erfahrungen gelten diese Erfahrungen als hinreichende Vorkenntnisse. Oft ist es jedoch günstig, hierbei alternative Wahrnehmungen vor dem Spiel mit einzubringen, um eine einseitige und schon festgefahrene Beobachtung aufzulösen.
Es müssen von ihm bestimmte Faktoren, wie Inhalt, Zielvorstellung, Erfahrungen der Teilnehmer mit szenischem Spiel, zeitliche und räumliche Rahmenbedingungen und Haltungen und Lernverhalten der Teilnehmer sowohl für die Themenauswahl als auch für die Schwierigkeiten der Rollenübernahmen berücksichtigt werden.
Auch wenn es im szenischen Spiel sehr auf die Eigeninitiative der Spieler und Beobachter ankommt, so muss der Spielleiter durch klare Entscheidungen, Strukturierungen und handlungsleitende Interventionen Sicherheit geben. Er ist Animateur und gleichzeitig Vermittler zwischen den Spielern und den Beobachtern. Der Spielleiter steuert so nicht nur den Prozess von außen, sondern greift auch als Mitspieler und Gesprächspartner immer wieder aktiv in das Spielgeschehen ein. Er wechselt so häufiger die Perspektive zwischen spontanem Rollenspiel und damit Einlassen auf die Teilnehmer und seiner Rolle als Pädagoge, der lösungsorientiert für die Teilnehmer einen Überblick bewahrt und klare Regeln verfolgt. In diesem bereich sind therapeutisch orientierte Zusatzausbildungen hilfreich.
Der Leiter sollte in das Spiel eingreifen, wenn die Spieler nicht ins Spiel kommen, von der Rollenvorgabe abweichen oder den Handlungsablauf nicht mehr beachten. Das Spiel sollte dann unterbrochen werden und durch den Anleiter wieder auf die einst geplante Bahn gelenkt werden.
Der Spielleiter kann sich auch selbst an der szenischen Reflexion beteiligen. Er kann so noch andere wichtige Punkte ansprechen und für wichtig Erkanntes hervorheben. Dabei sollte er es jedoch vermeiden, ein absolut erscheinende letzte Wissen über die Vorgänge zu inszenieren, da dies die gesamte Methode unproduktiv machen würde.
Von seiner Seite aus ist vor allem darauf zu achten, dass die Beobachter durch das Spiel so viel wie möglich über den sozialen Kontext und die innere Haltung der Personen und ihr eigenes Erleben hierüber erfahren. Es muss sichergestellt sein, dass jeder das Spiel akustisch und visuell wahrnehmen kann. Außerdem hat der Spielleiter darauf zu achten, dass dem Spiel volle Konzentration entgegengebracht wird.

4.1.6 Feedback
Nach der Szene werden die Teilnehmer aufgefordert, nacheinander ihre Wahrnehmungen zu beschreiben. Jeder sollte sich äußern, um immer neue Nuancen ins Spiel zu bringen und Projektionen auf die Schweigenden zu vermeiden. Es sollten keine Bewertungen und Kritiken abgegeben werden. Nach der Reflexion der Beobachter sind die Spieler und erst zum Schluss oder bei Problemlagen der Spielleiter an der Reihe.