Kurze Beschreibung der Methode
Primäre und sekundäre Quellen
Theoretische und praktische Begründung
Darstellung der Methode
Beispiele
Reflexion der Methode
Praxiserfahrungen

7. Praxiserfahrungen

Die hier beschriebene Zukunftswerkstatt hat als Kompaktseminar über anderthalb Tage an der Uni Köln stattgefunden und hatte das Thema „Aufbruch in die Zukunft“. Es sollten Alternativen für die eigene, persönliche Zukunft entwickelt werden. Der Workshop begann mit dem gemeinsamen Verändern der Sitzordnung zur Kommunikation fördernden Kreisform und der Erstellung von Namensschildern. Die Kursleiterin stellte in Kurzform Ziel und Methodik der Zukunftswerkstatt vor. Zur vorbereitenden Phase gehörte auch der Einstieg ins Thema: Die TN wurden aufgefordert, auf einen Zettel zu schreiben, was ihnen besonders Positives einfällt, wenn sie an frühere eigene Aufbruchsituationen denken. Hier wurde z. B. von einer TN ein Auslandsjahr genannt als Aufbruch in ein neues Leben durch Umzug in eine andere Stadt und ein anderes Land. Die TN fanden, dass diese Einstimmung „gute Laune gemacht hat, weil jeder was Positives gesagt hat“.

Die Kritikphase wurde durch Kleingruppenbildung per Auszählen eingeläutet. Innerhalb der Kleingruppe schrieb jede/r für sich die Kritikpunkte jeweils einzeln auf ein Blatt Papier, die er oder sie in ihrem jetzigen Leben als verbesserungswürdig ansah. Jede Gruppe wählte fünf Punkte aus, die weiter bearbeitet werden sollten, und zwar mithilfe eines „Dominospiels“, in dem alle Themen, die zusammengehörten, aneinander gelegt wurden. Die längsten Dominoketten stellten die Themenbereiche dar, die am häufigsten genannt wurden. Zu diesen wurde je eine neu zusammengestellte Arbeitsgruppe gebildet. Die Arbeitsgruppen formulierten zu ihrem Themenbereich nun einen Hauptkritiksatz, der „die Sache auf den Punkt bringen sollte“. Solche Sätze waren beispielsweise „Der Unialltag ist zu stressig“ und „Im Alltag erlebe ich zu viel Egoismus“.

Zu Beginn der Fantasiephase sollte der Hauptkritiksatz positiv umformuliert werden. Hier gab es einige Unsicherheiten darüber, ab wann ein Satz wirklich positiv ist: Ist „Der Unialltag ist nicht stressig“ positiv, oder erst „Der Unialltag ist genial“? Hier bedurfte es der Hilfe der Seminarleiterin, die erklärte, dass es hier keine genaue Definition gibt, sondern es darum geht, einfach schon mal ein Gegenbild zu entwerfen, um überhaupt den ersten Schritt aus dem negativen Denken herauszugehen. Jede Gruppe bildete anschließend zu ihrem „Positivsatz“ ein Motto. Die Gruppe mit dem Hauptkritiksatz „Im Alltag erlebe ich zu viel Egoismus“ benannte nach einigen Umwegen das Motto „Don´t worry, be happy“ (miteinander) als passendes Gegenbild zu dem von ihnen empfundenen Egoismus. Die Suche nach einem Motto wurde teilweise als einengend empfunden, da vielen TN zuerst „abgedroschene Phrasen und feststehende Begriffe“ in den Kopf kamen, in deren Raster der jeweilige Positivsatz nicht passen wollte. Das Weiterdenken des Begriffs Motto in selbst gewählte, neu erfundene Leitsprüche hat bei einigen Gruppen dann aber die Fantasie entfacht. In einem nächsten Schritt wurden die Gruppen neu zusammengestellt. Die neuen Gruppen sollten verrückte Wortzusammensetzungen bilden, die ihnen gefielen, z. B. Grastänzer, Wolkenliebe, Liebessänger. Ein gemeinsames Bild zu diesen Begriffen, mit den Begriffen als Bildunterschrift, wurde gemalt, auf einer kleinen Vernissage mit Rede den anderen Gruppen vorgestellt und von ihnen mit Applaus gewürdigt. Die TN gingen nun in ihre alten Gruppen zurück und studierten zu den Begriffen eine Theateraufführung ein. Hierzu standen Verkleidungs- und andere Requisiten zur Verfügung. Das Theaterstück wurde den anderen Gruppen vorgeführt und wieder mit viel Applaus bedacht. Wichtig war hierbei, wie auch schon bei der Vorstellung der Bilder, das Gefühl, mit seiner fantasievollen Darbietung etwas besonders Gutes und Lobenswertes geleistet zu haben. Was die TN an den Aufführungen am faszinierendsten fanden, wurde wieder auf einzelne Zettel geschrieben, wie z. B. „Tolle Verkleidung“, „Viel Harmonie in der Gruppe bei der Darstellung“, ... . Angeregt von diesen Vorarbeiten konnten nun utopische Entwürfe zu den in der Kritikphase genannten Hauptkritiksätzen gebildet werden.

In der Verwirklichungsphase sollten aus der Entwürfen konkrete Forderungen entstehen. Die Gruppe mit dem Kritikpunkt „Im Alltag erlebe ich zu viel Egoismus“ entwickelte hier ein Konzept, mit anderen Studierenden einen Verein zu gründen, der Seminare anbietet. Die Organisation wurde Institut für Spaß und Gemeinschaft getauft. Schwerpunkt der Seminare sollte das Gemeinschaftserleben sein. Beispiele für Angebote waren Tanzkurse, Psychodrama­wochenenden und gemeinsame Lernworkshops. Alle Gruppen entwickelten einen Projektumriss, der folgende Fragen behandelte:

  • Was? Projekttitel
  • Wie? konkrete Arbeitsschritte
  • Wann? Projektbeginn und Zeitpunkt der einzelnen Schritte
  • Wer? Wer übernimmt was und wer hilft ihm/ihr dabei
  • Wo Ort

Bei diesem Werkstattdurchlauf wurde häufig die Zeitknappheit in den einzelnen Arbeitsschritten als negativ empfunden. „Ein zu enges zeitliches Raster erzeugt Druck und Stress und steht der Fantasie und dem Spaß entgegen“, so eine TN dieser Zukunftswerkstatt. Druck erzeugte teilweise auch, dass in vielen Teilschritten ein konkretes Ergebnis rauskommen sollte, was z. T. als einengend empfunden wurde: die Mottobildung, das Theaterstück, etc.

Dennoch hat die Zukunftswerkstatt als Projektplanungsmethode den TN sehr viel Spaß gemacht, vor allem durch den großen Raum, der für den Einsatz von Fantasie vorhanden war. Dies ist nach Meinung einiger TN ein starker Zugewinn gegenüber anderen Methoden der Projektplanung, die sie bisher kennen gelernt haben.

Eine nachbereitende Phase oder permanente Werkstatt fehlte leider bei dieser Zukunftswerkstatt. Sie ist aber unbedingt zu empfehlen, will man die Methode nicht nur als Übung oder in der Theorie einsetzen, sondern ihre Möglichkeiten sinnvoll und fruchtbar nutzen.