Kurze Beschreibung der Methode
Primäre und sekundäre Quellen
Theoretische und praktische Begründung
Darstellung der Methode
Beispiele
Reflexion der Methode
Praxiserfahrungen

4. Darstellung der Methode

Was ist Gruppenunterricht/ Gruppenarbeit?
Definition nach Meyer: „Gruppenunterricht ist eine Sozialform des Unterrichts, bei der durch die zeitlich begrenzte Teilung des Klassenverbandes in mehrere Abteilungen arbeitsfähige Kleingruppen entstehen, die gemeinsam an der von der Lehrerin gestellten oder selbst erarbeiteten Themenstellung arbeiten und deren Arbeitsergebnisse in späteren Unterrichtsphasen für den Klassenverband nutzbar gemacht werden können.
Gruppenarbeit ist die in dieser Sozialform von den Schülerinnen und der Lehrerin geleistete zielgerichtete Arbeit, soziale Interaktion und sprachliche Verständigung.“ (1994, 242)

Zur Orientierung dient folgender idealtypischer Verlauf:

4.1 Vorbereitung der Gruppenarbeit

Die Gruppenarbeit im Klassenraum ist nicht automatisch eine optimale Methode für den Unterrichtsalltag. Wird sie schlecht organisiert und dementsprechend schlecht durchgeführt, führt dies häufig zu Chaos und Unzufriedenheit sowohl unter den LehrerInnen als auch den SchülerInnen. Häufig ist ein Scheitern einer Gruppenarbeit bereits vorprogrammiert, wenn die Lernenden mit den an sie gestellten Anforderungen über- oder unterfordert werden, demzufolge Misserfolge erleben und schnell eine negative Einstellung gegenüber Gruppenarbeiten entwickeln. Die SchülerInnen müssen lernen, den im Vergleich zum Frontalunterricht erweiterten Freiraum sinnvoll zu nutzen. Hierbei muss eine Gruppenarbeit analog zur Einzel- und Partnerarbeit sehr gründlich organisiert, geplant und insgesamt aufwändig vorbereitet werden. Eine erfolgreiche Gruppenarbeit verlangt von der Lehrperson Organisations- und Planungskompetenz, so dass von ihr während der eigentlichen Gruppenarbeitsphase möglichst wenig interveniert werden muss und den SchülerInnen somit genügend eigene Bewegungsspielräume geboten werden können.
Für die Vorbereitung einer Gruppenarbeit sollten folgende Kriterien von der Lehrkraft durchdacht werden:

Ist das Thema für eine Gruppenarbeit geeignet?
Ein Grundfehler, der immer wieder bei Gruppenarbeiten im Unterricht gemacht wird, ist, dass die jeweiligen Gruppenaufgaben von der Lehrperson nicht ausreichend durchdacht werden. Erhalten die SchülerInnen eine Aufgabe, die sich ohne Probleme oder einfacher in Partner- oder Einzelarbeit lösen lässt, ist eine Gruppenarbeit wenig sinnvoll.
In der Regel gilt also: Geeignet für die Bearbeitung in Gruppen sind Aufgaben, die den Arbeitsaufwand, die Einzelaktivitäten der Gruppenmitglieder und das eigentliche Ziel erkennen lassen und die Integrationskraft im Ergebnis besitzen. Demzufolge sollten Aufgaben gewählt werden, die erfordern, dass die jeweiligen Gruppenmitglieder das geforderte Ergebnis nur erreichen können, indem sie sowohl miteinander kooperieren als auch kommunizieren. Klippert (2009) fasst sieben Aufgabentypen zusammen, die sich als besonders kooperationsfördernd bewährt haben:

  • Kontroll- und Beratungsaufgaben
  • Fachlich diffizile Aufgaben
  • Komplexe Aufgaben
  • Brainstorming
  • Wettbewerbsaufgaben
  • Puzzle-Aufgaben
  • Gruppenzentrierte Rollenspiele

Soll die Aufgabe themengleich oder themendifferenziert erarbeitet werden?
Ist ein Thema für die Bearbeitung in Gruppen geeignet, stellt sich nun die Frage, ob die Aufgaben in themengleichen oder doch in themendifferenzierten Kleingruppen erarbeitet werden sollen.
Themengleiche Gruppenarbeit liegt dann vor, wenn alle Arbeitsgruppen dasselbe Thema oder Problem bearbeiten und sie danach ihre Ergebnisse gemeinsam diskutieren. Hier sind solche Themen geeignet, die eine Selbsttätigkeit der SchülerInnen beanspruchen (wie z.B. die Durchführung eines Experiments oder das Einüben eines Rollenspiels).
Themendifferenzierte Gruppenarbeit hingegen liegt dann vor, wenn jede Kleingruppe einen anderen Auftrag erhält. Sie bietet sich in solchen Fällen an, in denen verschiedene Aspekte eines Themas in den einzelnen Arbeitsgruppen beleuchtet und erarbeitet und danach im Klassenplenum ausgewertet werden können. Aufgrund der dafür erforderlichen didaktischen Analyse und der genauen Kenntnis über die Methodenkompetenzen der SchülerInnen ist die themendifferenzierte Gruppenarbeit für die Lehrpersonen wesentlich anspruchsvoller als die themengleiche. Hier ist vor allem zu prüfen, inwieweit das Gesamtergebnis für alle Lerner verfügbar gehalten und gelernt werden kann.

Wie soll die Aufgabenstellung für die Gruppenarbeit formuliert werden?
Eine qualitätsvolle und effektive Gruppenarbeit verlangt von der Lehrkraft stets klar formulierte und unmissverständliche Arbeitsaufträge als auch eine eindeutige Zielsetzung. Unklare Arbeitsaufträge sollten durch eine sorgfältige Planung durch den/die Lehrer/in vermieden werden. Bei der Formulierung der Aufgaben ist es empfehlenswert, zwischen geschlossenen, offenen und freien Arbeitsaufträgen zu unterscheiden (vgl. auch Meyer 1994):
Bei geschlossenen Arbeitsaufträgen gibt die Lehrperson konkret vor, was von den Schüler-Innen wie getan werden soll. Es handelt sich in diesem Falle in der Regel um handlungsorientierende Arbeitsaufträge. Der Einsatz dieser Aufträge ist vor allem dann nützlich, wenn eine Klasse neu an die Methode der Gruppenarbeit herangeführt wird.
Offene Arbeitsaufträge müssen trotz ihrer Offenheit verständlich und eindeutig formuliert werden. Offene Arbeitsaufträge sollten von der Lehrperson erst dann gestellt werden, wenn die Klasse in der Vergangenheit schon mehrfach erfolgreiche geschlossene Arbeitsaufträge erarbeitet haben. Diese Arbeitsaufträge lassen Spielräume für die Lösung, wobei der Auftrag durchaus mehr Spielraum in den Inhalten oder den Methoden der Erarbeitung oder Präsentation der Ergebnisse geben kann.
Unter dem Begriff der freien Arbeitsaufträge lassen sich im Grunde genommen die verbindlichen Vereinbarungen zusammenfassen, die über die Einleitung oder die Fortsetzung einer Gruppenarbeit gemacht werden (z.B. „Bereitet euch in eurer Gruppe auf den kommenden Test vor. Beschließt selbst, was ihr noch üben möchtet!“). Diese Form von Arbeitsaufträgen sollte von der Lehrkraft jedoch erst dann gestellt werden, wenn die einzelnen Gruppen schon mehrfach an offenen Arbeitsaufträgen gearbeitet haben.

Besitzen die SchülerInnen die für eine Gruppenarbeit erforderlichen Lernvoraussetzungen?
Voraussetzung für den Lernerfolg einer Gruppenarbeit ist sicherlich nicht nur eine möglichst gute Vorbereitung auf Seiten der Lehrperson, auch auf Seiten der SchülerInnen müssen die notwendigen Voraussetzungen geklärt werden. Besitzen die SchülerInnen die erforderlichen Vorkenntnisse und die notwendigen Methodenkompetenzen? Welche Einstellung gegenüber Gruppenarbeit besitzen sie eigentlich?
Häufig stehen sowohl SchülerInnen als auch LeherInnen Gruppenarbeiten aufgrund schlechter früherer Erfahrungen im Unterricht ablehnend gegenüber, so dass die an einer Gruppenarbeit Beteiligten auf diese Sozialform vorbereitet werden müssen. Mitunter wird diese Arbeitsform auch abgelehnt, weil man nicht lernen möchte (Fach ist nicht wichtig, Noten sind irrelevant usw.). Hier müsste mit der Gruppe zunächst an den Regeln der Zusammenarbeit gearbeitet werden.
Eines ist wichtig: Gruppenarbeit muss verstärkt gelernt und geübt werden, damit sie erfolgreich verläuft! So können z.B. für den Aufbau von Methoden- und Sozialkompetenzen, die förderlich für Gruppenarbeiten sind, einige Voraussetzungen auch im Frontalunterricht oder in Partnerarbeit erarbeitet werden (wie etwa die Spielregeln der Gesprächsführung, siehe Durchführung). Generell gilt jedoch: Die beste Vorbereitung auf Gruppenarbeit ist eine schon gelungene Gruppenarbeit.

Wie sollen die einzelnen Arbeitsgruppen gebildet werden?
Es gibt zahlreiche „Möglichkeiten der Gruppeneinteilung:
per Zufall (Karten ziehen, abzählen)
Lehrer entscheidet
Schüler entscheiden
Interesse für die Themen
Schüler entscheiden nach Sympathie“
(aus: http://www.englisch-hilfen.de/lehrer/gruppenarbeit.htm)

Oftmals legen LehrerInnen im Unterrichtsalltag kein besonderes Augenmerk auf die Einteilung der einzelnen Gruppen und teilen die SchülerInnen einfach und bequem nach ihren Sitzplätzen in Gruppen ein. Dies ist in aller Regel sehr ungünstig, weil so eher Cliquen statt guter Lerngruppen gebildet werden. Eine gute Lerngruppe ist möglichst (und je nach Voraussetzungen) heterogen gebildet:

  • sie ist gemischt aus leistungsstärkeren und leistungsschwächeren Lernern,
  • sie besteht aus beiderlei Geschlechtern,
  • sie ist interkulturell gemischt,
  • sie ist nach Vorerfahrungen bezogen auf das Thema oder das Fach gemischt,
  • sie ist altersgemischt.

In der Heterogenität liegt kein Mangel, sondern immer eine Chance, dass die Lerner sich gegenseitig voranbringen. Gerade erfolgreiche Schulsysteme zeigen, dass in ihnen die heterogenen Lerngruppen sowohl zum Erfolg der leistungsstärkeren wie leistungsschwächeren Lerner dann beitragen können, wenn die Interaktion in der Gruppe für ein gemeinsames Ergebnis und einen alle stärkenden Prozess genutzt wird. Der bessere Lerner z.B. kann helfen, die Dinge zu verstehen, und in dieser Hilfe wird er den Stoff weiter und tiefer durchdringen. Sein Gruppenmitglied profitiert von einer Hilfe, die er oft besser als jene vom Lehrer versteht. Beide Seiten profitieren davon, dass sie lernen, wie sich fachliche, methodische und soziale Angelegenheiten gut regeln und bewältigen lassen. Gerade für spätere Führungskräfte, so wird in vielen Ländern diskutiert, wäre es ein großer Mangel, wenn sie nicht schon sehr früh gelernt haben, sich auf unterschiedliche Lehr- und Lernsituationen einzustellen. Aber dies gilt umgekehrt auch für die Mitarbeiterseite, die heute kaum noch dequalifizierend als bloße Befehlsempfangsseite angesehen werden kann. Neben der beruflichen Welt steht die Lebenswelt, die ohnehin auf Kooperation und Kommunikation orientiert ist, so dass die Schule einen notwendigen Beitrag für die erfolgreiche Arbeit in Gruppen zu leisten hat, wenn sie nicht realitätsfern operieren will.

Die Gruppenbildung kann auf verschiedene Weise erfolgen:

  • angeordnet: Die Lehrperson setzt die Gruppen nach eigenen Kriterien zusammen. Diese Form der Gruppenbildung wird in Deutschland noch oft unter Vorbehalt gesehen, da die Lehrkraft hier nachvollziehbare Kriterien für die Einteilung benötigt und sie bei den SchülerInnen häufig auf Widerstand stößt. Wenn jedoch eine angestrebte Heterogenität der Lerngruppe das Ziel ist, dann muss diese Anordnung transparent und nachvollziehbar erfolgen und in ihrer Wirkung von den Gruppen während des Arbeitsprozesses und im Ergebnis reflektiert werden. Erfolgreich sind Gruppenarbeiten besonders dann, wenn die Lerner wissen, worauf sie achten sollen, warum die Gruppen so gebildet werden, was von den einzelnen erwartet wird. In vielen Ländern der Welt, die besser als Deutschland in der Bildung abschneiden, gibt es auch oft Gruppenbeurteilungen, die in die individuellen Noten einfließen. Deshalb gilt als Grundsatz: Nur weil die angeordnete Heterogenität mehr Mühe macht, darf sie nicht vermieden werden, denn sie ist das im Lernen von Gruppen erfolgreichere Modell!
  • nach eigenem Interesse/Sympathie: Die SchülerInnen organisieren die Gruppenbildung selbst und finden sich eigenständig in Gruppen zusammen (Entscheidungskriterium kann  das Interesse am zu bearbeitendem Thema einer Gruppe oder auch die Sympathie zu den anderen Gruppenmitgliedern sein). Diese Form der Gruppenbildung wird von vielen Vertretern der Gruppenpädagogik geschätzt, da sie den SchülerInnen Raum für das Stabilisieren von Freundschaften gibt. Dagegen spricht jedoch, dass sich Gruppenmitglieder, die sehr eng miteinander vertraut sind, von den anderen SchülerInnen abgrenzen. Ein zweites Problem, das bei der Gruppenbildung nach Sympathie immer wieder auftreten kann, besteht darin, dass manche SchülerInnen zu keiner Gruppe finden, da sie niemand in der eigenen Gruppe haben möchte. Grundsatz: Diese Form der Wahl sollte daher eher selten praktiziert werden, um eine zu große Cliquenbildung zu vermeiden.
  • nach dem Zufallsprinzip: Zum Beispiel durch das Ziehen von Losen/Karten, Abzählen, Ordnung der Geburtstag etc. werden die SchülerInnen nach Zufall den verschiedenen Arbeitsgruppen zugeordnet. Diese Form wird von den SchülerInnen meist ohne Probleme akzeptiert. Diese Akzeptanz ist umso größer, wenn diese Gruppenzusammensetzung zunächst nur für einen für die SchülerInnen überschaubaren Zeitrahmen gilt. Allerdings bleibt es hier auch dem Zufall überlassen, ob so tatsächlich möglichst heterogene Gruppen entstehen. Im internationalen Vergleich zeigt sich, dass die Gruppenbildung in Deutschland noch viel zu häufig solchen Zufallsprinzipien überlassen bleibt und damit die Vorteile insbesondere der leistungsheterogenen Gruppen nicht ausschöpfen kann. Grundsatz: Nach Zufall lassen sich Gruppen gelegentlich, aber nicht durchgehend mischen, wenn die Vorteile heterogener Gruppen kontrolliert erhalten bleiben sollen.
  • leistungsdifferenziert oder leistungsgleich: Bei bestimmten Themen ist diese Art der Gruppenbildung zu finden.

Leistungsgleiche (homogene) Gruppen sollen Lernern dadurch zu helfen versuchen, dass sie mit anderen gleich starken Lernern zusammengebracht werden. Eine Analogie findet dies im gegliederten deutschen Schulsystem. Grundsatz: Eine solche Gruppierung ist jedoch in der Regel abzulehnen, weil sie für die Lerner kontraproduktiv wirkt. Die schwächere Lerngruppe hat kaum Zugewinne, die stärkere Lerngruppe teilt ihre Vorsprünge nicht mehr mit anderen. Geschieht dies über längere Zeit, dann verfestigen sich Unterschiede, die der Unterricht erst produziert hat.
Leistungsdifferenzierte (heterogene) Gruppen sind immer zu bevorzugen. Grundsatz: Sofern Lerner sich in einer Klasse befinden ist es nicht die Aufgabe der Lehrerin, diese noch weiter in Leistungsgruppen zu spalten, sondern in der Heterogenität gemeinsam wachsen zu lassen.

Bei der Festlegung der Gruppengröße sollten Kriterien wie die Ziele und Inhalte des Unterrichts, die räumlichen Gegebenheiten, aber auch die Klassenstärke berücksichtigt werden. Eine Gruppengröße von 3-5 SchülerInnen kann in der Mehrzahl aller Fälle als Richtwert genommen werden, sollte jedoch immer abhängig vom Arbeitsauftrag der Gruppen variiert werden.

Sind die räumlichen  und zeitlichen Voraussetzungen geklärt?
Ein Hauptproblem bei der Realisierung von Gruppenarbeiten im Unterricht ist das Umräumen der Tische und Stühle zu Gruppentischen, ehe die Arbeit erst richtig beginnen kann. Um dies zu vermeiden, sollte man versuchen, eine Sitzordnung in der Klasse zu realisieren, die sowohl zu sehr begrenzten Phasen des Frontalunterrichs als auch zu Gruppenarbeit einlädt. Bewährt hat sich für viele Lehrende  die sogenannte „lehrerzentrierte Gruppensitzordnung“:

gruppe1

aus Klippert (2009, 54): Teamentwicklung im Unterricht

Vorteile dieser Sitzordnung:

    • flexibel und leicht zu stellen
    • gewährt Blickkontakt zur Lehrerzone hin (nach vorne & seitlich)
    • SchülerInnen sind sich hinreichend nahe: kurze Distanz zu eigenen Gruppenmitgliedern
    • begünstigt rasches Stellen eines Stuhlkreises

gruppe2

Beispiel Laborschule Bielefeld

Aber es mag auch Lehrende geben, die Klippert noch radikalisieren und die Frontalform deutlicher auflösen, wie es das Beispiel der Laborschule Bielefeld zeigt. Denn bei Klippert ist der Lehrer noch sehr zentral gedacht. Dies ist in vielen internationalen Schulsystemen heute längst nicht mehr der Fall. Hier werden Sitzordnungen gefunden, die stellenweise auf Tische ganz verzichten, die viel flexibler sind und multifunktionale Nutzungen erlauben. Der pädagogische und didaktische Sinn sollte die Raumnutzung und Raumausstattung bestimmen und nicht umgekehrt.

 

4.2 Durchführung

Während der Gruppenarbeiten müssen die SchülerInnen versuchen, ohne die unmittelbare äußere Steuerung der Lehrperson zu einem Arbeitsergebnis zu gelangen. Dazu ist es notwendig, sie bereits zu Beginn über die Spielregeln, die Ziele und die Arbeitstechniken der Gruppenarbeit aufzuklären und gemeinsam mit ihnen strukturierende Arbeitstechniken zu erarbeiten und festzulegen.
Im Folgenden werden nun einige Ratschläge gegeben, die den SchülerInnen die Durchführung einer Gruppenarbeit erleichtern sollen:

Vereinbarung eines Regelkatalogs
Gruppenarbeit bedarf klarer, von jedem akzeptierter und jedem bekannter Verhaltensregeln, die genau angeben, wie die SchülerInnen im Idealfall miteinander kooperieren sowie kommunizieren sollen. Es ist nötig, dass die SchülerInnen selbst (nicht einfach von der Lehrerseite vorgeben!)  im Unterricht diese Regeln entwickeln und definieren, diese visualisieren und auch regelmäßig reflektieren. Der Schwerpunkt dieser Regeln liegt zumeist auf dem Sozial- und Interaktionsverhalten, die beim gemeinsamen sozialen Lernen in der Gruppenarbeit eine bedeutende Rolle spielen. Sie sollen die Arbeitsdisziplin fördern und die einzelnen Gruppenmitglieder dazu bestärken, ein „Wir-Gefühl“ zu entwickeln. Ein Beispiel für einen solchen Regelkatalog liefert Klippert (2009) mit dem „10-Punkte-Programm“:

Gute Gruppenarbeit verlangt, dass…

    • einer dem anderen hilft und Mut macht.
    • andere Meinungen toleriert/akzeptiert werden.
    • zugehört und aufeinander eingegangen wird.
    • persönliche Angriffe und Beleidigungen vermieden werden.
    • kein Gruppenmitglied links liegen gelassen wird.
    • jeder mitmacht und sein Bestes gibt.
    • das Thema/die Aufgabe beachtet wird.
    • zielstrebig gearbeitet und diskutiert wird.
    • auftretende Probleme offen angesprochen werden.
    • jeder die aufgestellten Regeln beachtet.

Aber diese Regeln lassen sich auch auf das Fachliche erweitern. Gute Gruppenarbeit bedeutet nämlich auch

  • dass fachlich richtige Ergebnisse erreicht werden,
  • dass alle an dem Ergebnis mitarbeiten und es verstehen,
  • dass sich jeder dafür einsetzt, dass der andere ein fachlich gutes Ergebnis erzielt,
  • dass das Thema vertiefend erarbeitet wird,
  • dass es einen Zugewinn an Erkenntnis, Verständnis und im Behalten gibt.

Festlegen der Teilverantwortlichkeiten der einzelnen Mitglieder
Neben der Vereinbarung von Regeln ist es für den Interaktionsprozess der unterschiedlichen Kleingruppen notwendig, dass die Funktion/die Rollen der einzelnen Gruppenmitglieder vorher festgelegt werden. Eine Gruppenarbeit scheitert häufig daran, dass sich alle Gruppenmitglieder für alles zuständig fühlen, aber niemand genau weiß, wofür er oder sie konkret verantwortlich ist und welche Aufgabe er oder sie konkret übernehmen soll. Damit alle SchülerInnen gleichberechtigt an der Aufgabe arbeiten, empfiehlt es sich, eine klare Rollenverteilung vorzunehmen. So werden verschiedene Funktionen (wie z.B. die Rolle des Gesprächsleiters,  des Fahrplanüberwachers, des Regelbeobachters, des Zeitmanagers oder des Präsentationsdesigners) auf unterschiedliche Gruppenmitglieder verteilt, so dass eine zielstrebige Gruppenarbeit gewährleistet werden kann. Das Festlegen der Teilverantwortlichkeiten verringert mögliche Unsicherheiten (wer tut was?) und schafft insgesamt mehr Transparenz in der Arbeit. Allerdings sind hierbei nach Kersten Reich zwei Dinge zu beachten:

  • die Rollen dürfen nicht dauerhaft für andere Gruppenarbeiten festgeschrieben werden, sondern sollten kontrolliert wechseln (Rotationsprinzip),
  • die Präsentation der Ergebnisse wird möglichst immer von allen vorgenommen (in Teilen), damit niemand ausgeschlossen ist und alle motiviert bleiben. Ggf. kann es sogar sinnvoll sein, erst kurz vor der Präsentation festzulegen, wer welche Teile präsentiert (Präsentationsprinzip).

Einüben von Arbeitstechniken
Vor Beginn einer jeden Gruppenarbeit sollten die Regeln, die Arbeitsabläufe und die Arbeitstechniken besprochen werden, damit die SchülerInnen ohne die lenkende Unterstützung des Lehrers in Gruppen arbeiten können. Für die inhaltliche Arbeit kann es demzufolge hilfreich sein, den SchülerInnen strukturierende Arbeitstechniken wie etwa einen „Fahrplan“ zur Verfügung zu stellen. Zu einer effektiven Gruppenarbeit gehört ein planvolles und zielstrebiges Vorgehen, das mit Hilfe des Fahrplans (vgl. Klippert 2009) eingeübt werden kann.

gruppe3
aus Klippert (2009, 58): Teamentwicklung im Unterricht


Zur Lehrerrolle während der Gruppenarbeit
Der Lehrperson wird in der Durchführung von Gruppenunterricht ebenso eine neue Rolle zuteil: Sie ist nun nicht mehr die einzige Person, die den Unterricht steuert, sondern muss sich in ihren Aktionen zurücknehmen. Dafür muss sie andere Funktionen übernehmen, die Gudjons (2003, 33) folgendermaßen zusammenfasst:

  • initiierende Funktion (zur Gruppenarbeit motivieren, Entwicklung und Organisation des Gesamtarrangements),
  • informierende Funktion (Bereitstellung von Informationen, Beschaffung geeigneter Materialien und Medien, Anreize zur Auseinandersetzungen geben),
  • regulierende Funktion (Beratung als responsive Intervention, ggf. Anregungen zur Planung und Zielmodifikation geben),
  • bewertende Funktion (Anregung zur Metakommunikation, Hilfe zur Selbstkontrolle geben, Reflexion der eigenen Rolle anregen),
  • stimulierende Funktion (Konfliktlösungen anleiten, Toleranz für Fehler, Möglichkeiten der Weiterarbeit nach der Präsentationsphase aufzeigen.

Die Lehrperson kann also beratend an der Arbeit teilnehmen oder aber Präsenz zeigen. Hierbei ist es immer sinnvoll, Interaktionsprozesse unter den SchülerInnen zu beobachten: Der traditionelle Frontalunterricht bietet der Lehrkraft ja in der Regel kaum Gelegenheit, die SchülerInnen differenziert zu beobachten, um daraus Schlussfolgerungen für mögliche Förderungen zu ziehen. Im Gruppenunterricht hingegen kann und sollte die Lehrerin beobachten, wie die SchülerInnen miteinander umgehen oder wie sie mit dem Arbeitsauftrag umgehen, wenn sie eine Aufgabe in Eigenverantwortlichkeit lösen müssen. Dazu schlägt Gutte (1976, 93) folgende Beobachtungspunkte vor:

  • Gibt es Spannungen zwischen einzelnen?
  • Dominiert einer und macht die anderen Gruppenmitglieder zu seiner Hilfstruppe?
  • Wo wird ein einzelner von seiner Gruppe nicht akzeptiert?
  • Wo gibt es Rivalitäten, die das gemeinsame Lernen paralysieren?
  • Welche Nomen bestimmen die gemeinsame Arbeit einer Kleingruppe?
  • Wer wendet sich häufig Aufmerksamkeit suchend an die Lehrerin?
  • Wer organisiert die Aktivitäten in der Gruppe?
  • Wer übt soziale Kontrolle in der Gruppe aus?
  • Wer ist nicht in der Lage oder nicht bereit, sich mit „seiner Gruppe“ zu identifizieren?
  • Bekommen schwächere Gruppenmitglieder Hilfe von anderen?
  • Gibt es eine starre Rollenverteilung in der Gruppe?
  • Wie grenzen sich einzelne Kleingruppen voneinander ab?

Präsenz der Lehrenden meint in solchen Fällen dann einzugreifen, wenn lösungsorientierte Verbesserungen des sozialen Verhaltens oder der Arbeitseinstellung notwendig erscheinen. Hierbei sollte die Lehrperson auf die Einhaltung der Regeln achten und die Lernenden immer wieder auffordern, eigene Lösungen zu finden, die das Verhalten, die Einstellungen und Ergebnisse verbessern können. Entscheidend ist die Kontinuität dieser Präsenz und die Erkenntnis auf Seiten der Lernenden, dass sie dieser ständigen Forderung nicht ausweichen können, sondern sich ihr stets zu stellen haben. Dies führt zu nachhaltigen Verbesserungen des Klassenklimas und der Zusammenarbeit miteinander. 


4.3 Präsentation

Bei der Vorstellung der Arbeitsergebnisse der einzelnen Kleingruppen sollte darauf geachtet werden, dass sie möglichst in einer methodisch einfallsreichen Weise vorgestellt werden. Viele Vorträge der gleichen Art hintereinander sind unbedingt zu vermeiden. Bei themengleichen Gruppenarbeiten wird ein Ergebnis präsentiert und mit anderen abgeglichen, wobei erst im Moment der Präsentation die jeweilige Gruppe ausgesucht werden sollte. Sonst lehnen sich die nicht ausgewählten Gruppen zuvor schon eventuell zurück. Zudem sollte die Lehrperson vermeiden, dass die Gruppen ausschließlich verbal über die Ergebnisse und Schwierigkeiten der Gruppenarbeit berichten. Sinnvoller ist es, auf verschiedene Verfahren zurückzugreifen, wie z. B.:

  • schriftliche Ergebnismitteilung für alle SchülerInnen
  • Wandzeitungen oder Fries
  • Infomärkte
  • Portfolios
  • fish-pool
  • Expertenbefragung
  • Collagen
  • Modelle
  • Film-/Video-/Hörszenen
  • Mischgruppen: Gruppen-Experten
  • Streitgespräch/Diskussion
  • Szenen- oder Rollenspiel
  • Ausstellung/Dokumentation

4.4 Nachbereitung/Feedback

Nach der Gruppenarbeit ist es sinnvoll, die SchülerInnen insbesondere über die erreichten Ergebnisse, die Phasen der Vorbereitung und der Durchführung reflektieren und meta-kommunizieren zu lassen. Die Meta-Kommunikation sollte sich dabei nicht ausschließlich auf die Inhaltsebene beziehen, sondern auch die Beziehungs- und soziale Ebene mit einbeziehen. Auf diese Weise kann den SchülerInnen bewusst gemacht werden,  was sie bei einer nächsten Gruppenarbeit als Team und Beteiligte besser machen sollten und wie Schwierigkeiten lösungsorientiert zu vermeiden sind. So werden die Bereitschaft zu Kommunikation und Kooperation und die Teamfähigkeit gesteigert.


4.5Bewertung

Ein ständig auftretendes Problem des Gruppenunterrichtes liegt in der Leistungsbewertung durch die Lehrperson, da nicht nur ausschließlich die Einzelleistung eines/einer jeden Schülers/Schülerin bewertet werden muss, sondern auch die gemeinsame Leistung der gesamten Kleingruppe zu beurteilen ist. In anderen Ländern ist es hier durchaus üblich, mit Gruppennoten zu arbeiten, die dann voll in die Einzelnoten einfließen. Deutsche Lehrer tun sich hiermit oft schwer, da das Lernen in Gruppen weniger als eine besondere Qualifikation und Kompetenz angesehen wird. Hier erscheint es grundsätzlich als sinnvoll, die mit den SchülerInnen zu diskutieren und Regeln der Benotung zu vereinbaren, die den Gruppeneffekt nicht ganz ausschließen. Aber auch die Benotung insgesamt lässt sich oft durch Gruppenarbeiten relativieren, indem stärker auf verbale Beurteilungen ohne Ziffernnote zurückgegriffen wird. Dies erscheint vielfach als angemessener und vermeidet einen bloßen Rangvergleich. Aussagekräftig können dabei dann Rückmeldeverfahren (z. B. schriftliche oder mündliche Mitteilung der eigenen Beobachtungen an die gesamte Gruppe) durch das Plenum und die Lehrkraft sein. In dem Dilemma Gruppen- und Einzelnote vergeben Lehrende oft beides: eine jeweils individuelle Note und eine Gesamtnote für die Gruppenleistung. Ein solches Verfahren erscheint aber nur dann als begründet, wenn in der Gruppenarbeit nachweisliche Einzelteile als Unteraufgaben individuell gefertigt wurden. Hier darf sich die Schule nicht von der Lebens- oder Berufswelt zu sehr unterscheiden, denn das Ergebnis einer Gruppe oder eines Teams wird immer als Gesamtergebnis gewertet, an dem alle mitgewirkt haben, und lässt sich nicht sinnvoll in individuell unterschiedliche Teilergebnisse aufteilen.