Kurze Beschreibung der Methode
Primäre und sekundäre Quellen
Theoretische und praktische Begründung
Darstellung der Methode
Beispiele
Reflexion der Methode
Praxiserfahrungen

4. Darstellung der Methode

4.1 Allgemeine Tagebuchmethode

Bei der Tagebuchmethode handelt es sich in der Regel um eine Form des alltäglichen Tagebuchschreibens, das dann als Lerntagebuch genutzt und in den Unterricht einbezogen wird. Für das Lerntagebuch gibt es auch andere Namen wie Emotionstagebuch, Lern­journal, Arbeits- und Lernheft, Forschungstagebuch, Profiltagebuch und Reisetagebuch.
In diesen (Lern-) Tagebüchern können Schüler ihre Gedanken, Ideen, Pläne, Stärken, Schwächen, Entdeckungen, Probleme und ihr Wissen festhalten und so ihren eigenen Lernweg schriftlich festhalten und reflektieren. Das Schreiben eines Tagebuchs bietet den Schülern und Schülerinnen einen gewissen Schutz der Privatsphäre. Sie müssen sich nicht die Blöße geben und alle ihre Gedanken vor dem Lehrkörper und der Klasse äußern. Öffentlich werden nur die Teile, die auch öffentlich werden sollen.

Stichwortartig sollen Aspekte eines solchen Tagebuches umrissen werden:

Allgemeine Voraussetzungen

a) Schülersicht

        • Schriftspracherwerb wird gestärkt,
        • Ansätze realistischer Selbstwahrnehmung werden gefördert,
        • Ansätze werden gegeben, Lernwege und Arbeitsweisen reflektieren zu können.

b) Lehrersicht

        • Offenheit für neue Unterrichtsgestaltung ist notwendig,
        • Schüler werden intensiver als eigene Subjekte gesehen,
        • Kreativität ist erwünscht.

Allgemeine didaktische Tipps

  • Notwendig ist es, persönlichen Stil und Freiraum zu lassen,
  • regelmäßiges Schreiben ist sinnvoll,
  • Durststrecken, in denen das Schreiben keinen Spaß macht, sind zu überwinden, z.B. erst darüber reden, was aufgeschrieben werden könnte,
  • es zählt in der Regel der freie Fluss der Gedanken, orthografische und literarische Maßstäbe treten dahinter zurück,
  • die Heftform erleichtert die Ordnung und das Mitverfolgen des Lernweges,
  • ein breiter Rand ermöglicht nachträgliche Eintragungen,
  • notwendig ist eine gleichbleibende Struktur: Datum, Ort, Klasse, Überschrift.

Allgemeine Ziele

  • Ein Protokoll des Lernwegs im Tagebuch macht die persönliche Entwicklung des Schülers für ihn sichtbar.
  • Schreiben als Diagnose- und Forschungsinstrument: Einblicke in Gruppen­prozesse, Kommunikation, Kooperation, Konflikte sowie Absprachen unter den Lernern, Einbezug von Ideen, Gedanken, Entdeckungen und Schwierigkeiten.
  • Schreiben als ein Medium der Kommunikation: Lernerrückmeldungen als Ein­schätzung und Be­wertung des Unterrichts; mündliche oder schriftliche Dialoge über Lerninhalte, Lernwege, Lernziele ermöglichen. Tagebücher unterstützen und bereichern den Lernprozess.
  • Motivation: Die Gedanken, Erfahrungen, Ideen, Probleme der Lerner werden in den Mittelpunkt gerückt. Würdigung und Unterstützung der Ergebnisse durch den Lehrer.
  • Einbezug der Tagebücher in die Unterrichtsplanung: Assoziationen und Anschlüsse an die Vorerfahrungen der Lerner, Erhöhung der Motivation für den Unterricht durch Rückbezug auf Lebenserfahrungen und bisherige Lernerfahrungen, Sub­jektivierug des Lernens als Erhöhung des Sinnbezuges.
  • Ort der Reflexion und Selbstwahrnehmung: Schüler/innen lernen den Blick auf sich selbst zu richten, eigene Gedanken, Gefühle und Handlungen zu reflektieren und Ergebnisse/Lerntransfer zu sichern. Individuelle Lernprozesse können besser ver­standen werden, Lernprozesse anderer können kennengelernt werden. Lern­stra­te­gien werden bewusster entwickelt.
  • Herausforderung für den Lehrer: Lehrende sind gefragt als Organisator, Moderator und Berater. Sie sehen Lerner als Subjekte mit individuellen Lernwegen, müssen Raum zur Mitbestimmung geben.

Allgemeine Prinzipien
Grundsätzlich gilt für jedes Tagebuch, dass es subjektiv und persönlich ist. Es ist das Eigentum des Lernenden. Der Lehrer sollte Rückmeldungen über die öffentlich gewordenen Teile geben. Er sollte mit dem Lerner z.B. über das Gelesene sprechen, aber das Geschriebene nicht unmittelbar bewerten, sofern es sich um nicht standardisierte Beiträge handelt. Außerdem liegt die Entscheidung über Zeitpunkt, Häufigkeit und Art der Eintragung ganz beim Lernenden. Welche Passagen veröffentlicht werden, sollte entweder vom Schreiber festgelegt und zugestimmt oder im Vorhinein mitgeteilt werden. Bewertungen insgesamt können sich jedoch auf die Abgabe vereinbarter Leistungen und die Art, den Umfang und die Tiefe der Beiträge beziehen, wenn die Kriterien hierzu vorher gemeinsam festgelegt wurden. Günstiger erscheint allerdings eine verbale Rückmeldung und nicht der Einsatz von Noten.

 

4.2 Formen der Tagebuchmethode

Lesetagebuch:
Das Lesetagebuch ist eine spezifische Form der Tagebuchmethode bei der Erst­lese­eindrücke festgehalten werden können. Hierbei werden in einem Notizheft alle spontanen Ideen, Fragen, Assoziationen, Bemerkungen oder Kommentare schriftlich oder ge­stalterisch festgehalten, die dem Verfasser des Tagebuches zu einem Text, Buch oder einer Geschichte einfallen. Auf diese Weise kann sich der Schreiber mit dem Gelesenen auseinandersetzen. Diese Arbeitsform dient zum einen der Beobachtung von Lese­aktivitäten und zum anderen als inhaltliche Lernaufgabe zu bestimmten Texten, wobei wichtig ist, dass sowohl Rechtschreibung als auch Grammatik bei dieser Methode kein wesentlicher (dominierender) Bestandteil ist.
Durch die Arbeit mit Lesetagebüchern hat der Lehrer die Möglichkeit zu erfahren, inwieweit sich die Lerner selbstständig mit der Literatur befassen, da die Tätigkeit nur durch den Lehrer begleitet und nicht angeleitet wird. Für den Lerner wirkt die offene und freie Arbeit meist als Motivation.
Zunächst kann jeder „Schreiber“ ein Notizheft in einer Größe wählen, die ihm beliebt. Durch das Führen eines Lesetagebuchs ist eine phasenweise Annäherung an den Text möglich. Zunächst liest jeder den Text für sich und erhält einen subjektiven Einblick. Als Nächstes ist es wichtig, dass jeder die für ihn wichtigsten Aspekte in seinem Tagebuch festhält. Die Auswahl der Themen liegt demnach beim Lerner selbst und nicht beim Lehrer. Die Lehrerin sollte selbst dann nicht übereifrig eingreifen, wenn die Lerner nicht sofort auf die Inhalte kommen, die der Lehrer gerne besprochen haben würde. Besonders in der Anfangszeit ist es hilfreich, keine Vorgaben durch die Lehrerin zu geben. Es reicht aus, den Lernern mitzuteilen, dass sie alles notieren sollen, was ihnen zu der Geschichte, dem Buch, dem Gedicht usw. einfällt. Denn nur so lässt man ihnen genügend Freiraum, eigene Ideen zu verwirklichen.
Nachdem die Lerner sich im eigenen Schreiben versucht haben, bietet es sich an, erste Eintragungen gemeinsam in der Klasse zu sammeln und gegebenenfalls zu besprechen. Hierbei kann der Lehrer weitere Vorschläge zur Strategieerweiterung geben. Besonders zu Beginn wählen die meisten Lerner die Strategie der Zusammenfassung. Es ist hilfreich, wenn daraufhin verschiedene Satzanfänge zur Erweiterung von Strategien angeboten werden. Es ist jedoch zu beachten, dass man bei der Präsentation verschiedener Strategien nicht zu stark lenkend und einfordernd wirkt, denn die Lerner sollen auf ihre eigene Art Fragen und Themen entwickeln und nicht ausschließlich auf die Vorgabe des Lehrers oder der Lehrerin eingehen. Sobald ausreichend Strategien eingeführt wurden, entscheidet jeder Lerner für sich, welche angewendet werden sollen.
Mit einem Lesetagebuch kann besonders gut herausgefunden werden, welche Textstellen als besonders wichtig empfunden werden, welche Fragen diskutiert werden müssen und welche Textpassagen eventuell Schwierigkeiten bereiten. Die Lerner bekommen durch das Lesetagebuch die Möglichkeit, zunächst selbstständig ihre Fragen und Themen zu be­schreiben. Es handelt sich bei dieser Methode demnach um eine sehr lernerorientierte Vorgehensweise. Durch das Besprechen der eigenen Fragen und Themen werden die Motivation und die Beteiligung an Klassengesprächen erhöht. Besonders stillere Schüler haben die Mög­lichkeit, besser an einem Klassengespräch teilzunehmen, da sie sich vorher ihre Gedanken machen und niederzuschreiben konnten.
Die Tagebuchmethode eignet sich ebenso für Leseanfänger und schwache Leser, da das Gelesene bzw. Vorgelesene auch auf eine gestalterische Weise umgesetzt werden kann und nicht zwangsläufig schriftlich sein muss. Zudem entscheidet jeder Schreiber selbst über sein Lese- bzw. Schreibtempo und muss sich nicht nach Vorgaben richten, die seine Anstrengungen von vornherein entwerten.
Eine effektive Maßnahme während des Leseprozesses ist es, die verschiedenen Lese­tagebücher auszutauschen. Hierbei können die Lerner untereinander sehen, wie die Mitstreiter ihr Lesetagebuch führen. Dies bietet die Gelegenheit, Rückmeldungen zu geben und ebenso zum eigenen Geschriebenen zu erhalten. Außerdem kann auf diese Weise auch inhaltlich ein Austausch über das Gelesene stattfinden.
Durch die Arbeit mit einem Lesetagebuch lernen die Schüler differenziert Leseerfahrungen zu dokumentieren und erhalten gleichzeitig eine Perspektiverweiterung in ihren Strate­gien. Das Lesetagebuch soll dazu führen, dass Lernende ein Grundvertrauen in ihre eigene Sprachlichkeit bekommen. Da die Lernenden selbstständig ihr Lesetagebuch gestalten können, setzt sich zum einen jeder alleine mit der vorgegebenen Literatur auseinander und zum anderen wirken die wenigen Vorgaben, die den Unterricht begleiten und nicht anleiten, für die Schüler motivierend, sich selbst zu entfalten. Jeder kann in seinem eigenen Tempo lesen, schreiben, das Tagebuch verschieden gestalten usw.
Mit einem Lesetagebuch kann auch ein erweitertes Textverständnis erreicht werden, da die Lerner sich ständig mit Literatur auseinandersetzen. Außerdem wird durch die Führung eines Lesetagebuchs das Lesen und Schreiben auf eine ideale Weise miteinander verbunden, was eine gute Grundlage für die weitere Arbeit mit Literatur bietet. Das Lese­erlebnis wird intensiviert, da die Lerner sich mehr mit dem Gelesenen auseinandersetzen. Dies wiederum motiviert zu einer persönlichen Auseinandersetzung mit Literatur, wenn dieser Prozess erfolgreich verläuft und ein gutes Feedback erhält. Schließlich kann man sagen, dass durch das Lesetagebuch das selbstständige und lehrerunabhängige Lernen gefördert wird.

Weblogs:
Weblogs (engl. Web = Netz/Internet; Log = Schiffs-Tagebuch) sind Tagebücher, die über das Internet frei zugänglich sind. Das Führen eines Internettagebuchs wird als „Bloggen“ bezeichnet.
Im unterrichtlichen Kontext sind Weblogs leicht einzurichten, relativ einfach zu bedienen, flexibel einsetzbar und meist kostenfrei. Nach Freischaltung kann es von außenstehenden Personen, Klassenkameraden oder Lehrern kommentiert werden.
Die Form, in der Weblogs eingesetzt werden, ist sehr variabel. Diese Arbeit kann in Form von Einzelarbeit, Partnerarbeit bis hin zur Gruppenarbeit durchgeführt werden. Der Zeitraum, in dem ein Weblog genutzt werden kann, ist nicht festgelegt.
Es gibt verschiedene Einsatzmöglichkeiten für Weblogs. Im Nachfolgenden werden einige Möglichkeiten genannt:

  • private Tagebücher,
  • Informationsmedium,
  • Weblog zum Thema Bildung,
  • Weblog zur Auseinandersetzung mit dem Thema Bildung auf einer Metaebene,
  • Weblog in geschlossenen und offenen Gruppen,
  • Weblog als Projekttagebücher (zur Dokumentation von Arbeitsschritten, Ergeb­nissen und zur Reflexion),
  • Weblog als Protokollvariante (Hilfreich bei Abwesenheit, Reflexion der Unterrichtsreihe und der besseren Transparenz der Inhalte),
  • Weblog als Austausch-Tagebuch (zur Vorbereitung, Dokumentation und Reflexion eines Schüleraustauschs),
  • Weblog als Rollenspiel (Schüler versetzen sich in Romanfiguren),
  • Weblog als vielsprachiges Projekttagebuch (das Tagebuch wird in einer Fremd­sprache geführt).

Weblogs können in jeglicher Form als E-Lerntagebücher verwendet werden. Gegebenen­falls können die Einträge der Schüler fragengeleitet vorgenommen werden. Zudem kann das Weblog auch so unterteilt werden, dass es zum Einen fachübergreifend und zum Anderen aber auch nach Fächern geordnet genutzt werden kann.
Da diese Form der Tagebuchmethode am Medium Computer stattfindet, kann dies eine zusätzliche Motivation für die Schüler und Schülerinnen darstellen. Zudem werden ihre Kompetenzen im Umgang mit Computern, dem Internet und entsprechender Software trainiert.

Reisetagebuch:
Ein Reisetagebuch, insbesondere während eines Schüleraustausches, dient zur Reflexion interkultureller Lernprozesse. Mit einem Reisetagebuch lässt sich das Erlebte gut reflektieren und verarbeiten. So kann jeder Schreiber seine eigenen Beobachtungen und Erfahrungen individuell und subjektiv aufschreiben und für den eigenen Lernprozess nutzen.
Bei einer Reise ins Ausland, kann man neben der inhaltlichen und beziehungsbezogenen (kommunikativen) Ebene ebenso gut die sprachliche Ebene einfließen lassen. Der Tagebuchschreiber kann auf der jeweiligen Landessprache sein Tagebuch verfassen, auch wenn dies meist zu Einschränkungen auf der inhaltlichen Ebene führt.

Projekttagebuch:
Das Projekttagebuch hat die Funktion, einen Orientierungsrahmen für die Planung eines Projekts zu geben. Am Effektivsten wird es eingesetzt, wenn das Tagebuch mit den Lernern zusammen entwickelt wird, da sie auf diese Weise Planungskompetenzen ent­wickeln.
Wichtig ist vor allem, dass im Tagebuch sowohl die Reihenfolge der Arbeitsschritte als auch Arbeits- und Zeitpläne festgehalten werden. Für die festgelegten Arbeitschritte gilt, dass sie sorgfältig geplant, reflektiert und optimiert werden, damit sich die Schüler an einen Leitfaden zum selbstständigen Arbeiten halten können. Außerdem sollten die Schüler die Möglichkeit wahrnehmen, Fragen bezüglich ihres Forschungsprojektes und dessen Durchführung in ihrem Projekttagebuch festzuhalten.
Pensenbuch:
Das Pensenbuch zeichnet sich dadurch aus, dass es Lernziele enthält, die über einen längeren Zeitraum erarbeitet werden sollen. Erreichte Ziele können z.B. mit Datum abgezeichnet werden. Dadurch wird den Schülern ihr Lernweg genau vor Augen geführt. Sie sehen zum Einen die Ziele, die sie erreichen sollen und zum Anderen, was sie bereits erledigt haben. In dieser Form von Tagebuch werden also keine inhaltlichen Informationen festgehalten, sondern es wird der reine Lernfortschritt dokumentiert. Im Bereich Recht­schreibung könnten z.B. die Ziele „Unterscheidung von kurzen und langen Vokalen“, „Nomen erkennen“ oder „Adjektive erkennen“ zu erreichen sein. Diese Form hat den Vorteil, dass es wenig Aufwand bedarf und trotzdem sehr aussagekräftig ist, was den Lernstand einzelner Kinder betrifft, aber auch, wie groß die Differenz zwischen den Schülern einer Jahrgangsstufe ist.