4. Darstellung der Methode

Die Postkorbübung als eine klassische Einzelübung in Assessment Centern soll Aufschluss über die Kompetenzen des Bewerbers geben. Die geforderten Kompetenzen können sehr vielfältig sein: Auffassungsgabe, Entscheidungsfreude, Fähigkeit zur Planung und Organisation, Analysefähigkeit, fachliche Kompetenz und Stresstoleranz.
Meist sind 15-20 Schriftstücke bzw. mitgeteilte Vorgänge innerhalb eines eng begrenzten Zeitrahmens zu bearbeiten. Meist sind Zusammenhänge von Teilaspekten der Aufgabenstellung zu erkennen und Bearbeitungsprioritäten zu setzen. Zusätzlich werden unter Umständen weitere Schwierigkeiten eingebaut, wie telefonisch mitgeteilte Zusatzinformationen, plötzliche Verkürzung der Bearbeitungszeit usw.
Die Lösungen des Postkorbbearbeiters werden im Allgemeinen schriftlich durch Anweisunggen auf den Schriftstücken oder in Form zusätzlicher Notizen abgegeben.
Für die konkrete Bearbeitung eines Postkorbes wird in der Literatur ein systematisches Vorgehen empfohlen. Zuerst sollte sich der Teilnehmer einen Überblick über die Unterlagen verschaffen. Vor allen Dingen gilt es die festgelegten Rahmenbedingungen wie Datumsangaben, Uhrzeiten, ablaufende Fristen, Zuständigkeiten bestimmter Personen usw. genauestens zu beachten. Dies ist erforderlich, um eventuelle inhaltliche Problemzusammenhänge, zeitliche Überschneidungen oder Abhängigkeiten zwischen den Vorgängen herauszufinden.
Weiterhin wird vorgeschlagen, die Schriftstücke nach Wichtigkeit und Dringlichkeit zu strukturieren, z.B. sollte ein dringlicher und wichtiger Vorgang als erstes von einem entsprechend kompetenten Mitarbeiter bearbeitet werden. Ein wichtiger und nicht dringlicher Vorgang kann dagegen (zumindest kurzfristig) aufgeschoben werden.
Wesentlich bei der Postkorbübung ist, dass gefällte Entscheidungen auch stets vom Teilnehmer begründet werden können. Um dies zu überprüfen, werden nach der Postkorbübung häufig Interviews bzw. Reflexionen durchgeführt.
Ein möglicher Kritikpunkt der Postkorbübung besteht darin, dass zwischenmenschliche Interaktionen lediglich auf Eckdaten reduziert werden. Es ist außerdem fraglich, ob in der knapp bemessenen Zeit mit den angegebenen Daten das komplexe Gefüge eines Unternehmens auch nur annähernd abgebildet werden kann. Ein bestimmter Unternehmer- bzw. Mitarbeitertyp wird durch diese Übungsform eventuell einseitig bevorzugt. Ein alternativer Unternehmertyp könnte zum Beispiel ein vorausschauender sein, der mögliche Stresssituationen im vorhinein erkennt und somit in deutlich vermindertem Maße kurzfristig reagieren muss.

Die Postkorbübung als eine Unterrichtsmethode muss im Vergleich zu der Übung in Assessment Centern abgewandelt werden. So sollen bei der Postkorbmethode im Schulunterricht Erkenntnisse eher vermittelt und nicht vordergründig unter Stress überprüft werden, welche Kompetenzen der Teilnehmer bereits hat. Aus diesen Überlegungen ergeben sich Modifizierungen in der methodischen Vorgehensweise.
So müsste die Postkorbmethode im Unterricht erst allmählich eingeführt werden. Zu Beginn könnten die Schüler beispielsweise ohne zeitliche Begrenzung mit Hilfestellung des Lehrers die Übung durchführen. Jedoch sollte darauf hingearbeitet werden, die äußere Unterstützung mehr und mehr zu verringern und den Schwierigkeitsgrad unter Umständen zu erhöhen. An die Stelle des Stress sollte ein Wettkampfgeist entstehen, die Aufgabe durchaus unter Zeit- und Situationsdruck erfolgreich (z.B. als Team) zu bewältigen. Das Bloßstellen einzelner Teilnehmer ist in jedem Fall zu verhindern!