Kurze Beschreibung der Methode
Primäre und sekundäre Quellen
Theoretische und praktische Begründung
Darstellung der Methode
Beispiele
Reflexion der Methode
Praxiserfahrungen

5. Beispiele

Hier sollen nur sehr exemplarisch und zur Veranschaulichung einige Beispiele genannt werden. Im Internet finden sich unzählige Rollenspiele, die man am besten mit Kombinationseingaben herausfindet: z.B. „Rollenspiel Ökologie“, „Rollenspiel Frieden“ usw.
Interessant sind z.B. die folgenden Seiten:

http://66.102.9.104/search?q=cache:BlzNykJu4OAJ:brecht.german.or.kr/jungbo.net/Hwizard/contents/jahrbuecher/1/10indivkollek.doc+Rollenspiele+/+Role+taking&hl=de&ct=clnk&cd=1&gl=de
Kommentar: Hierbei handelt es sich um die Sozialisation der Jugendlichen nach dem Modell von Brecht. Es wird auf die Entwicklung der Rollentheorie und auf das Rollenspiel – Konzept eingegangen.

 http://www.dirk-siepmann.de/Links/LanguageTeachingMaterials/Lessonplan.htm
Kommentar: Dieser Link zeigt ein Beispiel einer Durchführung eines Rollenspiels innerhalb einer 8en Klasse. Die Unterrichtsstunde ist in 4 Schritte unterteilt und hilft so bei der Durchführung. Es wird ein Verlaufsplan erstellt und ebenfalls auf die Problematik eines Rollenspiels eingegangen und auf die Ziele hingewiesen. 

 http://www2.rz.hu-berlin.de/mikrosoz/inhalte/lit/Krappman.html
Kommentar: Die Methode des Rollenspiels aus der Sicht von Lothar Krappmann. Er bezieht sich im Bezug auf das Rollenkonzept, in dieser Auslegung auf die Arbeiten von Talcott Parsons oder Ralf Dahrendorf. Lothar Krappmann definiert zunächst den Begriff der sozialen Rolle, um dann auch auf die Umstrittenheit dieses Rollenbegriffs einzugehen. Des Weiteren stellt er das konventionelle Rollenkonzept in sechs Postulaten über die Bedingungen erfolgreichen Rollenhandelns vor und geht im näheren Verlauf des Textes auf die Problematik, mögliche Konsequenzen und Grundvoraussetzungen von Rollenhandeln ein. Alle diese Faktoren erklären aus der Sicht von Lothar Krappmann die Methode: Rollenspiel.

Das Rollenspiel, das in den letzten Jahren wohl am meisten Aufsehen unter Pädagogen erregt hat, ist das „Spiel Blue Eyes – Brown Eyes“, das unter folgender Adresse dargestellt ist und bezogen werden kann:
http://www.eyetoeye.org/
Kommentar: Ein umfassendes Rollenspiel, das nach strikten Regeln durchgeführt wird. Die Gruppe wird in Gute und Schlechte nach einer fiktiv zugeordneten Augenfarbe geteilt. Die dann folgenden Erlebnisse machen allen Beteiligten klar, was es konkret bedeutet, diskriminiert zu werden. Hier muss anschließend nicht viel gesprochen werden, weil dieses Erlebnis „sitzt“. Wir würden das Verfahren in jedem Fall dahingehend erweitern, dass am Ende eine ausführliche Meta-Reflexion stattfinden sollte, die auch den Kontext des Gesamtthemas der Ausgrenzung, des Sündenbockphänomens und der Projektion mit thematisiert.

http://www.sowi-online.de/nav_css_js/index-n.htm?/methoden/dokumente/schroeder.htm
Kommentar: Die „Methode Glasgow“, die hier beschrieben wird, modifiziert Rollenspiele so, dass sie für Unterricht besonders effektiv eingesetzt werden können. Das gegebene Beispiel ist die „Welternährung“.


Kindergarten


Autounfall
(entnommen aus Stuckenhoff, 1978, 93)
Zwei Autos stoßen auf einer Kreuzung zusammen. Einige Passanten beobachten den Vorgang. Es gibt zwei Verletzte, die beiden Autofahrer. Einer der Passanten ruft den Unfall- Rettungswagen und die Polizei, die bald darauf mit tatütata an der Unfallstelle eintreffen. Der Arzt untersucht die Verletzten und lässt sie von zwei Helfern ins Krankenhaus bringen. Die Polizisten befragen die Passanten und nehmen ein Protokoll auf; dann fahren sie wieder ab. Inzwischen ist der Krankenwagen mit den Verletzten im Krankenhaus angekommen. Dort werden die Verletzten untersucht und dann operiert. Danach kommen sie ins Bett. Nach einer weiteren Untersuchung werden sie als geheilt entlassen.
Ist der Inhalt des Rollenspiels geklärt, werden die Rollen verteilt. Es wird festgestellt, dass die Geschichte in zwei Szenen unterteilt ist.
Wenn alle Details geklärt sind, beginnt die erste Spielphase. Der Spielversuch verläuft ohne Eingriff, bis das Spiel beendet ist. Verläuft das Spiel so, dass kein sinnvolles Handeln erkennbar ist, sollte ein Kreis gebildet und nach den Ursachen gefragt werden. Dabei sollten die Kinder nicht durch Kritik verunsichert werden. Das gleiche Spielteam sollte nun einen zweiten Versuch starten.
In der Phase der Reflexion kommt es auf eine kritische Analyse und die Alternativfindung anderer Verhaltensmöglichkeiten an. Man könnte sich bei diesem Spiel an drei Fragen orientieren:

  • Was ist im Rollenspiel passiert?
  • Wie ist das Rollenspiel gelaufen?
  • Gibt es noch andere und bessere Lösungsmöglichkeiten?

Nach der Reflexionsphase findet der zweite Spielversuch statt. Der neue Spielversuch wird besprochen und die Rollen werden neu besetzt. Bei der Nachbesprechung sollten dann zwei zusätzliche Aspekte kurz besprochen werden:

  • Ist deutlich gesprochen worden?
  • Wie haben sich die Spieler bewegt?

Bei dieser Altersgruppe sollten die Fragen eher allgemein gehalten werden, da sonst die Kinder verunsichert werden. Eine Alternative wäre das „freie“ Rollenspiel. Beim „freien“ Rollenspiel wird nur die Ausgangssituation geschildert, der Verlauf der Handlung liegt in der Fantasie der Kinder.

 

Schule: Sekundarstufe I

Antonella (entnommen aus Freudenreich/Sperth: Stundenblätter. Rollenspiele im Literaturunterricht. Seite 44 – 53. Frederik Hetmann, Antonella (Einführung in die Technik des Rollenspiels für Klasse 5-7))
„Klaus hat Krankenwagen gern. Sie sausen durch die Straßen. Sie haben ein leuchtend rotes Kreuz aufgemalt. Die Sirenen kann man weithin hören. Auf dem Dach blinkt ein blaues Licht. Klaus hat Krankenwagen gern. Fast so gern wie Polizeiautos. Schade, dass man nicht sehen kann, wer im Krankenwagen liegt. Klaus möchte den Krankenwagen am liebsten anhalten. Aber das geht doch nicht, meint Klaus´ Mutter.
Wenn er hineinschauen könnte, würde er sehen, dass auf der Bahre ein Mädchen liegt. Das Mädchen ist zwei Jahre älter als Klaus. Ihre Augen sind geschlossen. An der Stirn ist ein Loch. Aus dem Loch fließt Blut. Das Mädchen heißt Antonella.
Sie ist mit ihren Eltern aus Italien in die Bundesrepublik gekommen, weil ihr Vater in Italien keine Arbeit finden konnte. Klaus ist schon einmal in Italien gewesen, in den Ferien mit seinen Eltern. Sie haben am Strand gelegen. Sie sind jeden Tag im Meer geschwommen. Der Vater hat einmal gesagt: „Wir fahren nach Italien, weil dort immer blauer Himmel ist.“
In Italien sprechen die Menschen italienisch.
In der Bundesrepublik sprechen die Menschen Deutsch.
Italienisch ist eine Sprache, die Klaus nicht versteht. Deutsch ist eine Sprache, die Antonella kaum versteht. Antonella soll in der Schule in Deutschland die deutsche Sprache lernen. Die deutsche Sprache ist eine schwere Sprache. Die Lehrerin ist eigentlich immer nett zu Antonella gewesen, aber einmal in der Rechenstunde hat sie zu ihr gesagt: „Was sollen wir denn mit dir machen, wenn du die Textaufgaben nicht verstehst?“
In Italien hat Antonella eine gute Note im Rechnen gehabt. In der Bundesrepublik hat sie die Rechenaufgaben oft nicht lösen können. Auf dem Schulhof, in der Pause, haben die anderen Kinder nicht mit Antonella spielen wollen.
Ein Mädchen hat zu ihr gesagt: „Komm mir bloß nicht zu nahe. Meine Mutter hat gesagt, ihr Itaker habt Flöhe.“
Andere Kinder haben gerufen: „Spaghettifresser, Itaker!“ Antonella hat begriffen, dass dies Schimpfnamen sind. In der Baracke, in der Antonellas Familie wohnt, sind die Kinder am Nachmittag immer allein. Antonella hat auf ihre jüngeren Geschwister aufpassen müssen. Abends sind der Vater und die Mutter immer sehr müde.
Am Morgen ist Antonella manchmal ohne Hausaufgaben in die Schule gekommen. Lange hat es die Lehrerin nicht bemerkt. Die Lehrerin hat Antonella im Unterricht nicht mehr aufgerufen, weil es immer so lange dauerte, bis Antonella eine Antwort herausbrachte. Sie hat gar nicht zugehört. Sie hat nur dabeigesessen.
Einmal hat die Lehrerin am Morgen gefragt: „Wer hat seine Hausaufgaben nicht gemacht? Er soll sich gleich melden!“
Antonella hat nicht sofort verstanden, was die Lehrerin meinte. Da hat schon eines der deutschen Mädchen den Finger ausgestreckt und gesagt: „Die Spaghettifresserin hat ihre Hausaufgaben nicht.“ Alle haben lachen müssen, auch die Lehrerin ein bisschen, nur Antonella nicht. Die Lehrerin hat zu dem Mädchen gesagt: „Inge, du sollst nicht petzen.“
Aber dann hat sie von Antonella verlangt, sie solle ihre Hausaufgaben vorzeigen. Da hat sich herausgestellt, dass Antonella keine Hausaufgaben macht.
Im Herbst sind die anderen Kinder in die nächste Klasse versetzt worden, aber Antonella musste die dritte Klasse wiederholen.
Vater und Mutter haben zu ihr gesagt: „Du musst fleißiger sein, Antonella. In Deutschland sind alle Leute fleißig.“
Nach den Ferien ist Antonella wieder in die Schule geschickt worden. Der Vater hat gesagt, wenn er hört, dass sie die Schule schwänzt, schickt er sie zurück nach Italien zur Großmutter.
Als in der Klasse Plätze verteilt wurden, hat Dora gesagt: „Neben einer Spaghettifresserin möchte ich nicht sitzen.“ Die Lehrerin hat mit Dora geschimpft, und Dora hat sich doch neben Antonella setzen müssen.
Wenn die Lehrerin einmal nicht herschaute, haben Dora und die Mädchen in der Bank hinter Antonella Fratzen geschnitten und sie an den Haaren gezogen.
Sie haben auch geflüstert: „Spaghettifresserin“, immer wieder: „Spaghettifresserin.“
Heute Morgen hat Dora ihren Füllfederhalter nicht finden können. Sie hat zu ihren Freundinnen gesagt: „Den bin ich los für immer... den hat die Spaghettifresserin geklaut.“
Antonella hat nein, nein geschrien, aber die anderen Mädchen haben Dora zugestimmt und gerufen: „Die hat ihn. Klarer Fall.“ Dann haben sie versucht, Antonella die Schultasche wegzunehmen, um sie zu durchsuchen. Antonella hat die Tasche fest an sich gedrückt. Sie hat gehofft, die Lehrerin würde hineinkommen. Sie hat bemerkt, wie immer mehr Kinder auf sie einschlugen und sie an den Haaren und an den Kleidern rissen. Da hat sie die Tasche plötzlich fallen lassen und ist fortgelaufen. Einfach fort.
Sie hat nicht gewusst, wohin. Den Gang entlang, die Treppe hinunter, über den Hof, ohne nach rechts oder links zu sehen, über die Straße.
Antonella hat das Auto nicht kommen sehen. Der Autofahrer hat nicht rechtzeitig bremsen können. Antonella ist von dem Auto überfahren worden.
Der Fahrer ist herausgesprungen und hat geschimpft: „Du blödes Gör, kannst du nicht besser aufpassen?“
Leute sind stehen geblieben und haben zu dem Autofahrer gesagt, er sei nicht schuld. „Ist doch klar“, hat ein Mann gemeint, „wo die her sind, da gibt´s doch keine Autos. Nur Esel und Maultiere.“
Ein Krankenwagen ist gekommen. Die Krankenträger haben Antonella auf die Bahre gelegt. Sie hat die Lippen bewegt und etwas gemurmelt, aber die Augen sind zu gewesen.
Der eine Träger hat zu dem anderen gesagt: „Was murmelt die denn da?“
„Weiß ich doch nicht!“ hat der andere geantwortet. „Glaubst du, ich kann italienisch? Los, komm. Nun mach schon!“
Jetzt muss der Krankenwagen rasch abfahren. Der Mann am Steuer schaltet das Blaulicht ein und gibt Gas. Die Sirene macht herrlichen Krach. Der Krankenwagen saust um die Ecke.
Krankenwagen sind schön weiß und haben ein leuchtend rotes Kreuz aufgemalt. Klaus hat Krankenwagen gern. Fast so gern wie Polizeiautos.“

Außenseiterproblematik am Beispiel eines ausländischen Kindes
Phase 1: Stichwort „Ausländer“ – Schüler sammeln für sich Stichworte
Phase 2: Text wird vorgelegt, Leseeindrücke oder
Text in Abschnitten gemeinsam erlesen und bestimmte Stellen mit einem Rollenspiel erarbeiten: Antonella hat begriffen, dass dies Schimpfnamen sind. – Zwei Spielsituationen:

  • Antonella steht abseits auf dem Pausenhof und legt in einem Monolog ihre Gefühle, Erwartungen und Ängste dar. Mitschüler können sich hinter den Spieler stellen und dessen Monolog erweitern und ergänzen (Doppeln).
  • Es kann eine Szene gespielt werden, in der sich Antonella in einem Dialog mit einem Mitschüler gegen die Zurücksetzung wendet und gleichzeitig die Gründe für ihre Ablehnung durch die Mitschüler zu erfahren versucht.

Phase 3: Da hat sich herausgestellt, dass Antonella keine Hausaufgaben macht.
              Lehrer- Schüler- Verhältnis - Spielanweisungen:

  • Eine Mitschülerin hat verraten, dass Antonella keine Hausaufgaben gemacht hat. Die Lehrerin geht auf sie zu. Was passiert?
  • Anschließend berichten Antonella und die Lehrerin in einem Monolog über ihr derzeitiges Befinden.
  • In der Auswertung sollte verdeutlicht werden, dass die Personen nicht nur durch individuelle Dispositionen, sondern auch durch institutionelle Zwänge beeinflusst werden.

Phase 4: Da hat sie die Tasche einfach fallen lassen und ist fortgelaufen, einfach 
              fort.
              Ängste, emotionale Ebene - Spielanweisungen

  • Durch Monolog und Doppeln werden erneut Antonellas Gefühle dargestellt. Die Schüler können im Schutz der Rolle eigene Ängste artikulieren.
  • Einige Mitschüler erkennen, in welcher Situation sich Antonella befindet und versuchen sie zurückzuhalten. Es soll deutlich werden, wie schwierig es ist, um Hilfe zu bitten, sie anzubieten und sie anzunehmen.

Phase 5: Reflexion über den Text: Entstehung und Mechanismus der Aufrechterhaltung von Vorurteilen gegen Ausländer.
Im Anschluss Durchsicht der anfangs gemachten Notizen der Schüler. Sie sollen sich noch einmal mit ihren eigenen Werturteilen auseinandersetzen. Es darf ergänzt und durchgestrichen werden. Die Notizen sind nur für sie bestimmt. Mitteilungen sind erwünscht, sollten aber nicht erzwungen werden.
Hausaufgabe: Lernzielüberprüfung

  • Antonella schreibt aus dem Krankenhaus einen Brief an eine Freundin aus der Heimat, in dem sie beschreibt, wie es ihr in Deutschland geht.
  • Freundin antwortet.

(Es zeigte sich in der Praxis, dass sich die SchülerInnen nicht nur der Textwiedergabe bedienten, sondern eigene Erkenntnisse der Rollenspiele niederschrieben. Der Antwortbrief enthielt nicht nur Bedauern über das Geschehen, sondern die SchülerInnen unterbreiteten auch Vorschläge zur Verbesserung der Situation.)