Kurze Beschreibung der Methode
Primäre und sekundäre Quellen
Theoretische und praktische Begründung
Darstellung der Methode
Beispiele
Reflexion der Methode
Praxiserfahrungen

4. Darstellung der Methode

>> 4.1 Die vier Phasen des Rollenspiels
>> 4.2 Bedeutung des Spielleiters
>> 4.3 Bedeutung der Gruppe
>> 4.4 Möglicher Beobachtungsbogen zum Rollenspiel

 

4.1. Die vier Phasen des Rollenspiels

Das Rollenspiel lässt sich in der Regel in vier Phasen unterteilen:

(1) Aufwärmphase
Die Aufwärmphase (vor längeren Rollenspielen) dient der Lockerung und Entspannung aller Teilnehmer zu Beginn jeder Unterrichtsstunde/Sitzung. Auf diese Weise werden sie darauf vorbereitet, sich in andere Rollen hineinzuversetzen. Bei erfahrenen Gruppen kann diese Phase oft weggelassen werden. Die Art und Dauer der Übung richten sich nach der Spielerfahrung der Gruppe. Der Spielleiter hat darauf zu achten, dass die Phase nicht in Albernheiten ausartet.
Für die Aufwärmphase bieten sich Spiele an wie Pantomime oder Übungen wie die Überredung. Hier sitzen z.B. die teilnehme als Paare zusammen: „A sitzt da, und B hat A mit allen Mitteln, aber ohne physische Zwänge, zu überreden, ihm den Stuhl zu überlassen. B hat dafür eine zeitliche Begrenzung von zwei Minuten“ (van Ments, 1985, 67).

(2)Spielphase
Die Spielphase gliedert sich in Erarbeitung und Durchführung.
In der Erarbeitungsphase wird zusammen mit der Gruppe ein relevantes Thema (Inhalt, Konflikt) diskutiert. Daraufhin wird zur Durchführung des Rollenspiels eine Situation festgelegt und die verschiedenen Rollen werden erarbeitet. Inwieweit das Rollenhandeln z.B. durch Rollenkarten oder Ereigniskarten usw. vorgegeben wird, richtet sich nach dem Lernziel des Rollenspiels. Übt man Fähigkeiten und Fertigkeiten (z.B. Verkaufsgespräch) sollten die Rollenvorgaben eher genauer sein. Aber auch bei Rekonstruktionen des Verhaltens von Menschen (z.B. im Geschichts- oder Politikunterricht) kann mit genauen Rollenangaben gearbeitet werden. Dabei ist es denkbar, diese Rollenbeschreibungen in einer ersten Phase mit einer anderen Methode von den Lernern erarbeiten zu lassen, um sie dann in einer zweiten Phase spielen zu lassen. Gespielt werden aber nicht die eigenen Erarbeitungen, sondern die einer anderen Gruppe, um die Spannung und Motivation zu erhöhen.
Wenn es um die Darstellung von Gefühlen und Einstellungen (z.B. Angst) geht, treten in Rollenspielen oft verschiedene Verhaltensweisen auf. Diese Vielfalt anzuerkennen, ist sinnvoll, um zu lernen, über eigene Einstellungen nachzudenken und sich in andere Menschen hineinzuversetzen (Empathie).
Bei der Spielerauswahl hat sich das Losverfahren bewährt, weil die Teilnehmer so nicht auf bestimmte Rollen festgelegt werden.
Gespielt wird auf einer imaginären Bühne, die aber in der Regel auf gleicher Ebene wie der Beobachterraum sein sollte. So haben die Spieler nicht das Gefühl, vorgeführt zu werden. Gleichzeitig wird der Unterhaltungseffekt eines Theaterstücks vermieden.
Um das Spiel zu erleichtern, sollte jedem Teilnehmer klar sein, an welchem Ort und in welcher Zeit die Handlung stattfindet.
Je nach Lernziel bieten sich verschiedene Rollenspieltechniken an. Die beiden bewährten Grundtechniken sind:

  • „Fischteich“ - Methode: Die Spielgruppe wird von den übrigen Teilnehmern beobachtet, also die einen schwimmen im Teich, die anderen stehen am Ufer und schauen zu.
  •  Multiples Verfahren: Die Gruppe wird in Zweier-/Dreiergruppen aufgeteilt. Alle Gruppen spielen gleichzeitig für sich, wobei ein Mitglied der Kleingruppe die Funktion des  Beobachters übernehmen kann. Abschließend werden die Ergebnisse in der großen Gruppe vorgestellt und diskutiert.

Weitere Techniken sind u.a.:
Rollenrotation, Rollentausch, Doppelgänger, Spiegelverfahren, Selbstgespräch

Das Rollenspiel kann unterschiedlich lange dauern, sollte aber nicht ausufern, damit eine neugierige Spannung bei Akteuren und Beobachtern erhalten bleibt. Zur Hilfestellung und Ausdifferenzierung der Handlung können, wenn es vorher vereinbart wurde, Spielleiter und Gruppenmitglieder fragend eingreifen.

(3)Entlassungsphase
In der Entlassungsphase werden die Spieler aus ihren Rollen herausgeführt, um eine reflektierte Meta­ebene einnehmen zu können. Denn nur durch Distanz kann das Spiel analysiert werden. Die Trennung von Rolle und Person ist wichtig, damit die im Rollenspiel auftretenden Konflikte nicht in die Alltagswirklichkeit übertragen werden. Die Phase dient auch dem Schutz der Spieler, weil die Kritik am Rollenverhalten nicht zur Kritik an der Person werden darf.

(4)Reflexionsphase
In dieser Phase findet der rückbetrachtende Lernprozess durch Reflexion, Diskussion, Aufstellen von Kommentaren, alternativen Lösungsmöglichkeiten usw. statt. Der Fokus dieser Phase hängt zwar davon ab, ob die Beobachtung verhaltens- oder personenzentriert sein soll, aber bei jedem Inhalt spielen Beziehungsaspekte und bei jeder Beziehung Inhaltsaspekte eine Rolle. Ziele der Reflexionsphase können z.B. sein (angelehnt an van Ments, 112):

Auf den Spieler bezogen:

  • Bericht der Spieler über ihre Empfindungen während des Spiels
  • Selbst-/Fremdbeobachtungsfähigkeit soll weiterentwickelt werden

Auf die Beobachter bezogen:

  • Beobachtungsfertigkeiten sollen entwickelt werden (evtl. durch Beobachtungsaufgaben)

Auf das Spiel bezogen: Die Handlung klären, indem man

  • Missverständnisse und Fehler korrigiert
  • Voraussetzungen und Veränderungen, die sich im Spielverlauf einstellten, herausarbeitet
  • Ursachen für die Handlung analysiert
  • hilft, Schlussfolgerungen aus dem Verhalten zu ziehen
  • tatsächliche Ereignisse zu den beabsichtigten Zielen in Beziehung setzt
  • Lernergebnisse verstärkt und korrigiert

Für weiteres Vorgehen:

  • neue überlegenswerte Aspekte herausstellen
  • die Anwendung auf andere Situationen ermöglichen
  • Verbindungen zu früherem Lernen knüpfen
  • einen Plan für künftiges Lernen aufstellen

Unterstützung der Auswertung:

  • Um die Beobachtungen zu präzisieren, hat es sich als sinnvoll erwiesen, Videoaufnahmen hinzuzuziehen. Nachteile: Zeitaufwand für Auswertung der Aufzeichnung, ggf. Befangenheit der Teilnehmer; Vorteile: Dokumentation, Informationsquelle für die Spieler
  • Pinnwand: Auswertung per Karten auf einer Pinnwand, indem die Beobachter zwei bis drei Karten erstellen, auf die je ein Kommentar vermerkt wird


4.2 Bedeutung des Spielleiters

Der Spielleiter sollte selbst gerne spielen, um seine Begeisterung auf die Gruppe übertragen zu können. Die Methode bedarf der Vorbereitung und ein Leiter, der diese Methode nie als Lerner und mit eigenen Versuchen erlebt hat, wird wenig geeignet sein, die Methode effektiv zu praktizieren.
Eine wichtige Voraussetzung für den Spielleiter ist die gute Kenntnis der Rollenspieltechniken. Aus diesen wählt er z.B. eine Technik aus und beschreibt präzise den Ablauf, um möglichen Widerständen der Gruppe entgegenzuwirken.
Die Lebenswelten der einzelnen Gruppenmitglieder dürfen bei der Planung eines Rollenspiels nicht außer Acht gelassen werden. Auch sollte akzeptiert werden, dass Gruppenmitglieder mehr Erfahrungen und Kenntnisse in Bezug auf ein Thema haben können. Beim Spiel miteinander müssen individuelle Bedürfnisse und die Gruppendynamik immer berücksichtigt werden. Vor dem Spiel gibt der Spielleiter genaue Vorgaben für Beobachtungskriterien evtl. in Form eines Beobachtungsformulars (siehe unter 4.4). Siehe ferner dazu auch unsere Vorschläge unter Evaluation und Feedback, Reflecting team.
Der Spielleiter sorgt für einen störungsfreien Ablauf und besitzt die Funktion eines „Trouble-Shooters, jemand der bei Konflikten zwischen Personen ausgleicht und versöhnt“ (vgl. van Ments, 1985, 106). Er kann an kritischen Stellen zur Unterstützung fragend eingreifen oder selbst in einer Rolle ins Spiel einsteigen. Während der gesamten Rollenspielphase sorgt der Spielleiter dafür, dass die Rollen auf jeden Fall ernstgenommen werden. Aber er muss auch unbedingt ein moralisierendes oder abwertendes Verhalten gegenüber den Rollenspielern vermeiden. Wird das Rollenspiel auch nur subtil zur Bloßstellung von Beteiligten missbraucht, dann ist diese Methode gescheitert.

 

4.3 Bedeutung der Gruppe

Eine Gruppe besteht aus Menschen mit individuellen Bedürfnissen, die auf ein gemeinsames Ziel hinarbeiten. Dabei wirken viele Faktoren auf die Zusammenarbeit: z.B. Vertrauen zueinander, Angst, Rivalität, Offenheit usw.
Ein Rollenspiel birgt immer die Gefahr des Ausgeliefertseins der Gruppenmitglieder. Daher ist ein kollegiales, kooperatives und offen kommunikatives Verhalten innerhalb der Gruppe wichtig! Es sind Gruppenregeln beim Feedback einzuhalten.
Wenn Gruppen diese Voraussetzungen nicht oder nur teilweise mitbringen, dann gehört es zum besonderen Geschick der Lehrkraft, dennoch Rollenspiele zu realisieren, um genau diese Voraussetzungen zu fördern. Das wird aber nur bei entsprechender Qualifikation und einem hohen Selbstwert und Selbstvertrauen der Lehrkraft gelingen – dann aber zu um so mehr Erfolg führen können.

 

4.4 Möglicher Beobachtungsbogen zum Rollenspiel

Zweck und Ziel des Rollenspiels:

 

Bitte Zutreffendes ankreuzen und Notizen machen:

Einstiegsphase:

Was für eine Situation liegt vor?

 

Wer agiert?

Welche Verhaltenstaktiken werden benutzt?

z.B. Wohlwollen und Annahme

        Abweisung des Anderen

        Entwertung durch blöde Kommentare

        Macht, Lügen, Bluff ...

Gibt es ein klares Anliegen?

Wer spricht es aus?

Wer reagiert?

Was bleibt offen?

 

 

Hauptspielphase:

Wer nimmt welche Rollen ein?

Spieler 1 =

 

Spieler 2 =

 

usw.

Wie sehen sich die Spieler?

Ressourcenorientierung? (= gehen sie auf das ein, was sie haben, können, wollen?)

 

Lösungsorientierung? (gehen sie darauf ein, wie konstruktiv eine Lösung gefunden werden kann?)

 

Wie wirken die Spieler aufeinander ein?

Eskalation?

 

Deeskalation?

 

Schlussphase:

Was ist das Ergebnis?

auf der Inhaltsebene?

 

auf der Beziehungsebene?