3.
Theoretische und praktische Begründung
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3.1. theoretische Begründung
>> 3.2. prakttische Begründung
3.1. Theoretische Begründung
Harrison Owen, der Entwickler von Open Space, organisierte 1983 mit hohem Aufwand eine Konferenz mit 250 Teilnehmern. Es zeigte sich, dass die Teilnehmer vor allem den (nicht von Owen organisierten) Austausch mit den anderen teilnehmenden Personen in den Pausen als den bedeutendsten und effektivsten Teil der Konferenz beurteilten. Aus dieser Erkenntnis entwickelte Owen über zwei Jahre eine Methode, die das Interesse, die Dynamik und Synergieeffekte der Pausengespräche auf die gesamte Konferenz übertragen und damit erfolgreiche Arbeit sowie bestmögliche Ergebnisse ermöglichen sollte. Die Methode entstand aus der Idee, in einer zwanglosen Atmosphäre produktives und schnelles Arbeiten mit vielen Personen zu realisieren. Im Gegensatz dazu steht die oft erzwungene passive Haltung bei traditionellen Konferenzen, die häufig zu Desinteresse bei den Teilnehmern führt und keine Zeit für Diskussionen und für die eigene, aktive Beteiligung der Betroffenen lässt.
1985 fand die erste Konferenz statt, die einen offenen Raum für die aktive Produktivität der Teilnehmer ohne Kontrolle und Steuerung „von außen“ bieten sollte. Entscheidend für Owen war die Freiheit der Menschen und des Raumes – der „Open Space“. 1996 fand die erste Open Space-Konferenz in Deutschland statt.
Wesentliches Element einer Open Space-Konferenz war für Owen die Selbstorganisation der Konferenz durch die Teilnehmer und damit deren Selbstverantwortung und Selbstbestimmung. Ein wichtiges Moment der Durchführung stellt der Sitzkreis dar, der durch die Teilnehmer gebildet wird. Außerdem sind Räumlichkeiten von Bedeutung, in denen die Teilnehmer sich intensiv austauschen können (der so genannte „Marktplatz“) sowie die Themen- und Nachrichtenwand.
Die Selbstbestimmung, Freiheit und Freiwilligkeit der beteiligten Personen ermöglichen intensive Arbeit mit Engagement und Motivation. Die Teilnehmer definieren anhand eines Leitthemas den Ablauf der Konferenz. Jeder kann sich mit eigenen Ideen und der eigenen Kompetenz einbringen und sich je nach Interesse aktiv in vielfältiger Art und Weise beteiligen. So haben alle teilnehmenden Personen die Möglichkeit, zum Ergebnis der Veranstaltung beizutragen. Die Teilnehmer sind gleichberechtigt, auch wenn es sich zum Beispiel um Mitarbeiter verschiedener Hierarchieebenen handelt. Die Konferenz ist gekennzeichnet durch geringe Prozess-Steuerung, bietet jedoch eine Struktur und einen Rahmen durch ein Regelwerk, bestehend aus vier Leitlinien und einem Gesetz. Dieses Regelwerk unterstützt das individuelle Engagement und das gemeinsame Arbeiten in kleinen Gruppen. Es fördert außerdem durch die Schaffung einer ungezwungenen Arbeitsatmosphäre die Lernbereitschaft der teilnehmenden Personen. Es trägt zu einer unbefangenen Stimmung bei, die von gegenseitiger Wertschätzung geprägt ist. Die strukturelle Rahmung durch die Leitlinien und das Gesetz ermöglicht zudem, Zeit und Energie in der Konferenz sinnvoll zu nutzen und nicht verschwenden zu müssen. Diese wesentlichen Elemente einer Open Space-Konferenz sind heute nach wie vor kennzeichnend für die Methode.
Open Space ist besonders geeignet zur schnellen Einleitung, Bewältigung und Gestaltung von Veränderungsprozessen. Veränderungen spielen für viele Organisationen eine immer größer werdende Rolle. Rascher technologischer Wandel, Veränderungen in der Gesetzgebung und das ständige Ringen um den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit (z.B. wegen steigender Konkurrenz durch Globalisierung) sind zentrale Themen in fast allen Bereichen. Eine Verknappung der Ressourcen Zeit und Geld und eine Steigerung der Komplexität in Organisationen machen eine schnelle Bewältigung von neuen Anforderungen und die Einleitung von Veränderungsprozessen notwendig. Methoden wie Open Space, die viele betroffene Personen in den Veränderungsprozess integrieren, gewinnen an Bedeutung, denn sie ermöglichen den schnellen Umgang mit neuen Herausforderungen.
3.2. Praktische Begründung
Open Space kann sowohl für die Teilnehmer als auch für die anwendende Organisation positive Effekte haben: Die Teilnehmer einer Open Space-Konferenz spielen eine sehr aktive und produktive Rolle. Sie selbst bestimmen den Ablauf der Konferenz und auch, wie und wo sie sich und ihre Ideen einbringen können und möchten. Jeder Einzelne kann in der selbst gewählten Gruppe seine individuellen Fähigkeiten und Kenntnisse in den Prozess tragen und erweitern. Diese Möglichkeit des Arbeitens führt häufig zu einer sehr engagierten Beteiligung, die teilnehmenden Personen sind in ihrem Handeln sehr motiviert. Sie erleben, dass sie selbst Veränderungen ermöglichen und durchführen können sowie das eigene Übernehmen von Verantwortung. Die Haltung, selbst „machtlos“ zu sein und Veränderungen tatenlos hinnehmen zu müssen, wird aufgegeben. Im Gegensatz dazu kann jeder Teilnehmer sehen, dass er gemeinsam mit anderen etwas erreicht hat. Diese Kennzeichen sind insbesondere für pädagogische Arbeit sehr hilfreich.
Die genannten Aspekte, insbesondere die Akzeptanz der eigenen Arbeitsergebnisse und das Erleben der Umsetzung von Handlungsplänen, können zu einer Erhöhung des Selbstwertgefühls führen. Die Arbeit anhand der Methode des Open Space kann Mut machen, in die eigenen Fähigkeiten zu vertrauen und begünstigt kreatives Arbeiten ohne Anleitung. Neue Denkansätze und Ideen, die jeder Teilnehmer entwickeln und kennenlernen kann, ermöglichen kreative und innovative Themenbearbeitungen.
Das gemeinsame Arbeiten in der Gruppe schult die Fähigkeiten der Kommunikation und Kooperation, es fördert außerdem das Knüpfen neuer Kontakte, die auch über die Konferenz hinaus das Netzwerk der eigenen Kontakte bereichern können. Der Umgang mit Kritik und Konflikten wird geübt. Dies trainiert die Teamfähigkeit und legt die Grundlage für die Entstehung eines Gemeinschaftsgefühls.
Zudem werden die Teilnehmenden in der Tätigkeit der Moderation erfahren, denn die teilnehmenden Personen leiten selbst Diskussionen und präsentieren Ergebnisse. Die ergebnisorientierte und problemlösungsorientierte Auseinandersetzung mit dem Thema fördert Planungs- und Problemlösungskompetenzen und analytische Fähigkeiten.
Für die Organisation bedeutet die Selbstbestimmung der Mitarbeiter einen sehr viel geringeren Organisationsaufwand in der Konferenz. Zudem kann das Potenzial von sehr vielen Mitarbeitern genutzt werden. Jeder einzelne Mitarbeiter arbeitet im Open Space von der Problem- oder Zielformulierung bis hin zur Präsentation der Ergebnisse aktiv und ergebnisorientiert mit und ist somit am gesamten Entwicklungsprozess beteiligt. Die Teilnehmer entwickeln Verantwortung und tragen die getroffenen Entscheidungen und deren Konsequenz deshalb eher (selbst) bereitwillig mit. Sie identifizieren sich mit den eigenen Arbeitsergebnissen und auch leichter mit dem Unternehmen. Damit geht einher, dass die Mitarbeiter einer Organisation die Veränderungen akzeptieren und verstärkt Bereitschaft zeigen, diese erfolgreich umzusetzen.
Prinzipiell ist der Einsatz von Open Space auch in der Schule möglich. Dies gilt insbesondere für die Schulentwicklung, wenn alle Beteiligten gemeinsam die Schule neu organisieren oder deren Organisation verbessern wollen. Denkbar wäre aber auch zum Beispiel eine Veranstaltung zur Einführung einer neuen Unterrichtseinheit oder zu Beginn eines Schülerprojektes zu aktuellen, dringlichen Themen. Aufgrund der schulischen Rahmenbedingungen würde Open Space in der Schule aber meist eher als minimalisiertes Konzept eingesetzt werden und wahrscheinlich nur wenige Stunden statt mehrerer Tage dauern.
Die Anwendung von Open Space kann auch in der Schule positive Effekte haben. Ein Hauptvorteil ist die Einbeziehung und Aktivierung aller SchülerInnen. Dieser Einbezug und die Aktivierung sowie die Berücksichtigung vielfältiger Meinungen, Fähigkeiten, Erfahrungen, Kenntnisse und Interessen motivieren die SchülerInnen. In Kleingruppen gemeinsam erarbeitete Lösungen für Probleme führen zu einer größeren Akzeptanz. Die SchülerInnen können ihre eigene Meinung einbringen und selbstständig Vorgehensweisen entwickeln. Erschwerend könnten hier Lehrpläne und Vorgaben wirken, die die freie Unterrichtsgestaltung einschränken.
Die SchülerInnen trainieren außerdem Schlüsselqualifikationen wie Präsentation, Kommunikation, Konflikt- und Problemlösung. Sie lernen neue Themen zu strukturieren und erweitern ihre Kooperationsfähigkeiten.
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