Kurze Beschreibung der Methode
Primäre und sekundäre Quellen
Theoretische und praktische Begründung
Darstellung der Methode
Beispiele
Reflexion der Methode
Praxiserfahrungen

4. Darstellung der Methode

Das Reflektierende Team ist eine Methode, deren Ursprung in der systemischen Therapie liegt. Mit leichten Modifikationen ist es jedoch eine Methode, die in pädagogischen Lehr- und Lernprozessen sinnvoll eingesetzt werden kann. Um die Methode verständlich darzustellen, wird hier zunächst der klassische Ablauf des Reflektierenden Teams in der Therapie dargestellt. Konkrete Möglichkeiten des Einsatzes der Methode innerhalb pädagogischer Situationen stellt das Kapitel Praxisbeispiele dar.

Ablauf
  • Die Ratsuchenden werden von einem Berater interviewt (Interviewsystem). Das Reflektierende Team (meistens drei Personen) sitzt in der Regel mit im Raum. Es greift nicht in das Interview ein, sondern hört schweigend zu. Das Interview-Team bittet nach einiger Zeit das Reflektierende Team um seine Ideen.
  • Nun teilen die Teammitglieder sich gegenseitig ihre Wahrnehmungen, Beobachtungen, Fragen mit. Sie nehmen währenddessen keinerlei Kontakt (auch keinen Blickkontakt) mit dem Interview-Team auf. Dieses Vorgehen ermöglicht es den Mitgliedern des Interview-Systems (Klienten plus Berater), während des Zuhörens die Sichtweisen der Teammitglieder auf sich wirken zu lassen und zunächst für sich selbst damit umzugehen.
  • Nachdem das Reflektierende Team geendet hat, sprechen die Mitglieder des Interview-Systems über ihre Einfälle zu den Reflexionen. Sie führen also „eine Konversation über die Konversation des Reflektierenden Teams über die Konversation des Interview-Systems“ (ebd., 56).

Der Wechsel der Positionen


Der Wechsel der Positionen (vgl. die Abbildungen)

Der Interviewer kann um die Ideen des Reflektierenden Teams bitten – das Reflektierende Team kann aber auch von sich aus sagen, dass es mitteilungswerte Ideen hat.
In diesem Fall entscheiden der Interviewer und seine Gesprächspartner, ob sie etwas hören wollen bzw. wann.
Das Reflektierende Team redet meist fünf bis zehn Minuten, manchmal länger. Es wird dabei normalerweise nicht vom Interview-System unterbrochen.
Anschließend redet wieder das Interview-System und das Reflektierende Team hört zu.

Der Interviewer stellt zum Schluss folgende Fragen:

  • Was war wichtig?
  • Was hätte besser nicht gesagt werden sollen?
  • Was hat gefehlt?

 

Grundstruktur:

Interview-System► Familie oder ähnliches + Berater/in Beobachtendes System►  reflektierendes Team (2-4 Personen)

Interview/Gespräch (gerichtete Kommunikation)

 

Therapeutin stellt angemessen ungewöhnliche Fragen
Generiert so Informationen
Und gibt jedem Familienmitglied Gelegenheit seine Sicht der Dinge zu beschreiben

Schaut zu, macht sich Notizen
Hört Überlegungen, Entwürfen und Deutungen der Familie sorgfältig zu, ohne sofort Stellung nehmen zu müssen.

 

„Metalog“/ Reflexion, (Ungerichtete Kommunikation)

Das Ratsuchende System schaut zu.
Es hat die Freiheit, die Ideen des RT anzunehmen, zu verwerfen oder gar nicht erst hin- und anzuhören

Regeln für das RT: Sorgfältig zuhören, „Zu sich selbst sprechen“, nicht zum ratsuchenden System.
Vorsichtig, suchend, fragend, konjunktivisch, „sowohl – als-auch-“ statt „entweder-oder-Logik“.
Abweichende Meinungen als Bereicherung, nicht als Infragestellung der eigenen Position.
Vor wertschätzendem Kontext auch konfrontativ drastische Äußerungen.

Reflexion der Reflexion (gerichtete Kommunikation)

 

Die Therapeutin sorgt dafür, dass jede/r aus dem ratsuchenden System auf das Team reagieren kann.
Es bieten sich dazu folgende Fragen an:
Gibt es in dem, was Sie gehört haben , etwas, wozu Sie etwas sagen möchten?
Gab es etwas, dem Sie gar nicht zustimmen konnten, worüber besser nicht gesprochen worden wäre?
Gibt es etwas, was Ihnen gefehlt hat?

 

Abschließend wird über die Wünsche in Bezug auf die Zukunft gesprochen

 


Regeln im Reflecting Team (RT)

 
  • Solange das Reflektierende Team zuhört, unterbricht es den Interviewer nicht.
  • Während des Zuhörens sammelt jedes Teammitglied seine Gedanken und Ideen zunächst für sich.
  • Während der Reflexion tauscht das RT seine Gedanken ausschließlich untereinander aus. Es nimmt keinen Kontakt zum Interviewsystem auf, auch keinen Blickkontakt.
  • Bei der Reflexion der Gedanken geht es um die Vielfalt möglicher Sichtweisen, nicht um die beste Idee: „Sowohl ... als auch“ statt „entweder ... oder“.
  • Die Wertschätzung der Ratsuchenden steht im Vordergrund.
  • Fragen sollten vorsichtig und im Konjunktiv formuliert werden, z.B. „Könnte es sein, dass...?“
  • Auch nonverbale Muster sollten zur Sprache gebracht werden.
  • Die geäußerten Ideen sollten zum Nachdenken anregen, müssen aber noch nachvollziehbar und anwendbar für den Kunden sein, also „angemessen ungewöhnlich“.
  • Es werden keine Themen angesprochen,  die eine/r der Ratsuchenden nicht angesprochen haben möchte.
  • Es wird nur über das gesprochen, was im direkten Zusammenhang mit dem Interview steht.
  • Es werden keine instruierenden Ratschläge gegeben.

Das Iterative Reflecting Team nach Dahm und Be
(Dahm, Michael und Siang Be, 2000):

In der Supervision gilt es oft, zuerst das Problem oder das Anliegen, um das es gehen soll, zu umgrenzen, genau zu begreifen und in Worte zu fassen. Dazu dient die Methode des Iterativen Reflecting Team. Hier tritt das RT häufiger und in kürzeren Abständen in Aktion als im klassischen Setting und der Ratsuchende selbst lenkt den Prozess. Er tut dies unter den Leitfragen: „Was von dem Gehörten geht in die gewünschte Richtung?“ und „Worüber sollte das Team jetzt sprechen, so dass es weiterhin in die gewünschte Richtung geht?“(ebd., 68). Die Beraterin fungiert als Prozessmoderatorin, die auf die Einhaltung der Regeln achtet und im Reflecting Team mit Fragen wie: „Was haben sie spontan für Ideen, Phantasien oder Gedanken, von denen Sie meinen, dass sie für Person X hilfreich sind“ (ebd.) den Prozess anregt.
Der Beratungsprozess geht in Phasen vor sich:

Phase 1: 3-4 Minuten
Beraterin und Ratsuchender sprechen über das Anliegen, während das RT zuhört.

Phase 2: 5-7 Minuten
Beraterin und RT sprechen über das Anliegen des Ratsuchenden. Der Ratsuchende hört zu und wendet sich dabei körperlich ab

.Phase 3: bis zu 5 Minuten
Anhand der oben genannten Leitfragen sprechen Beraterin und Ratsuchender über das soeben Gehörte. Danach geht es mit Phase 2 weiter.

Auf diese Weise wird eine ständige Rückkoppelung durchgeführt, die durch die Vielzahl verschiedener Betrachtungs- und Reflexionsebenen navigiert und zu einem genauen Verstehen und dann zur Formulierung einer klaren Frage oder eines umgrenzten Ziels führt.

Die Regeln des IRT sind:

  • Strikte Trennung von Zuhören und Sprechen, kein Blickkontakt zwischen Ratsuchendem und RT während der Beratungsphasen
  • Wohlwollende/wertschätzende Haltung
  • Navigation durch den Ratsuchenden („Der Kunde bestimmt, wohin die Reise gehen soll“)
  • Freiheit des Reflecting Team („Die Teammitglieder können ungehindert ihrem spontanen Einfallsreichtum folgen“)
  • Abschlussevaluation („Ist das Ziel erreicht?“)

Die Methode des Iterativen Reflecting Team ist geeignet für Teamgespräche, Gruppensupervision, Kollegensupervision, in Projektgruppen und Entwicklungsteams. Voraussetzung ist eine genügend große Gruppe.