Kurze Beschreibung der Methode
Primäre und sekundäre Quellen
Theoretische und praktische Begründung
Darstellung der Methode
Beispiele
Reflexion der Methode
Praxiserfahrungen

7. Praxiserfahrungen

Bisher liegen nach Belardi (1998: S.188) relativ wenige und knappe empirische Studien über die Akzeptanz und Praxis der Supervision vor. Einige Ergebnisse lassen sich jedoch daraus ableiten:

Schneider und Müller (1995: S.94ff. nach Belardi 1998: S.186f.) fanden durch ihr „Supervisions-Evaluations-Inventar“ im Rahmen einer Befragung von 69 Supervisanden heraus, dass die Supervision zu 10% auf Anordnung der Leitung, zu 51% aus eigenem Interesse und zu 16% auf Wunsch der Kollegen zustande kam. 55% der Befragten hatten jedoch auch Bedenken gegen die Supervision. Sie befürchteten das Auseinanderbrechen des Teams, die Verschlechterung der Arbeitsatmosphäre durch Bloßstellung Einzelner, die Nichtannahme der Supervision durch das Team, das Überschreiten persönlicher Grenzen, unangemessene Selbstpreisgabe, mangelnde Kooperation der Leitung, destruktive Kritik, mangelnde Verschwiegenheit und verhärtete Fronten innerhalb des Teams. Insgesamt überwogen aber die positiven Veränderungen durch Supervision deutlich. Dazu zählen positive Effekte auf persönlicher und kollegialer Ebene und im Verhältnis zur Klientel. Die Supervisanden gewannen an Sicherheit bezogen auf die Anforderungen in ihrem Arbeitsfeld, auf den Umgang mit persönlichen Bedürfnissen und Gefühlen im beruflichen Handeln und bezüglich des Umgangs mit Konflikten und Kritik. Supervision kann so die Arbeitszufriedenheit erhöhen und Stress vermeiden helfen. Dies wiederum führt zu einer höheren Arbeitseffektivität der Professionellen und hilft so z.B. Krankenstunden zu minimieren. Auch die Team- und Organisationsprozesse können effektiver und transparenter gestaltet werden. Der zeitliche und finanzielle Aufwand für Supervision scheint somit als lohnenswerte Investition in eine zufriedenstellende, effektive und professionelle berufliche Praxis.

Belardi (1998: S.181f.) hat in seinem Buch den Bericht eines selbstständigen Architekten über dessen Erfahrungen mit Supervision abgedruckt, welchen ich hier unverändert zitieren möchte:

„Bisher habe ich technische, kaufmännische oder gewerbliche Berufe eher rein funktional betrachtet. Als Architekt war es mein Ziel, dass der Bauherr durch mein Zuhören, Verstehen, Beraten, Planen und Ausführen einer Baumaßnahme einen größtmöglichen Nutzen für sich erreichen sollte. Über meine persönliche Wirkung bei meinen beruflichen Aktivitäten habe ich mir in der Vergangenheit eigentlich wenig Gedanken gemacht. Zufällig bemerkte ich als nebenamtlicher Dozent in einer beruflichen Weiterbildung, das mir einige der erwachsenen Teilnehmer durch ihre Verhaltensweisen unangenehm waren. Ich war nicht in der Lage, ihnen das zu sagen. Ein Teilnehmer schien das mitbekommen zu haben. Jedenfalls fragte er mich, weshalb ich im Gespräch mit ihm so „grinsen“ würde, ob er mich langweile. Das gab mir zu denken. Zufällig erfuhr ich zur gleichen Zeit aus dem Bekanntenkreis, dass sich Supervision genau mit diesen Fragen und ihrer möglichen Lösung beschäftigt. Nach mehreren Wochen hatte ich mich bei einem Supervisor angemeldet. Auf meine Frage, wie Supervision abläuft, erhielt ich die sinngemäße Antwort, das ich das selber bestimmen würde. Erst im späteren Verlauf der Supervision wurde mir klar, was damit gemeint war. In vielen Supervisionssitzungen hat er mir so etwas wie einen „Spiegel“ vorgehalten. In ihm bekam ich die Wirkung meines Verhaltens auf andere gezeigt. Wie wirkt meine Stimme, Sprache, meine Ausdrucksweise und meine Körperhaltung auf die Umgebung? Wird auch etwas anderes verstanden als das, was ich vermeintlich mitgeteilt habe? Hinzu kommt der Anlass für meinen „Gang zum Supervisor“: Wie kann das, was ich fachlich vertrete, auch richtig „rüberbringen“? Alle zwei Wochen hatte ich nun die Gelegenheit, fernab von der Alltagsroutine, die kommunikativen und beziehungsmäßigen Anteile meiner Arbeit zu reflektieren. Was war dabei wichtig und neu? Ich habe gelernt, besser darauf zu achten, wie ich berufliche Beziehungen aufnehme und gestalte. Ich habe erfahren, wo meine „blinden Flecken“ liegen, was ich immer wieder bei mir oder anderen übersehe oder umgekehrt leichtfertig in andere „hineinsehe“. Weiterhin hat mir Supervision eine Bestätigung von bisher eher unsicheren Vermutungen gebracht. Bei manchen Themen hatte ich den Eindruck, so oder so ähnlich hast du es vorher schon gewusst, bist dir allerdings nicht sicher gewesen. Diese zunehmende Klarheit war dann sehr hilfreich für die Zukunft. Wichtig war es noch, meine professionelle Rolle als einen Teil von mir zu sehen, aber auch meine persönliche Grenze zu erkennen und zu schützen.“